PANDEMIE

Scherben von Kapitalismus.
 Was will uns Covid-19 sagen?

von

Marco de Angelis

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Jedes historische Ereignis, jede historische Gegenheit spricht. Der Mensch ist nicht nur der einzige, der mit Sprache ausgestattet ist, sondern der einzige, der die Sprache der Dinge und Tatsachen verstehen kann. Sogar das Virus will etwas sagen, obwohl es sich wiederum nicht auf seine eigene gewalttätige Weise ausdrücken kann, und wir müssen seine Botschaft interpretieren, wenn wir es besiegen wollen. Um zu gewinnen, müssen wir den Gegner, seine Motivationen, seine Absichten kennen und verstehen. Jeder Stratege weiß das.
Das Virus sagt uns: Die angloamerikanische Welt basiert auf individuellem Profit, auf wirtschaftlicher Globalisierung ohne politische Globalisierung und Regelung, auf der Wirtschaft als Selbstzweck, auf der Akkumulation von Finanzmitteln ohne Beziehung zur Gesellschaft und zu dem Wohlergehen der Menschheit, auf der Ausbeutung des Luft- und Meeresraums, auf der Verschmutzung des Planeten, so weit wie es möglich ist, usw. usf. das alles ist vorbei. VORBEI!
Dass die kapitalistischeren und weniger sozialen Länder und Regionen auch am stärksten vom Virus betroffen sind, sollte uns daher nicht überraschen. Der Grund ist sehr einfach: Die Wirtschaft, die auf Profit als auf absoluten Ziel basiert, ist ein logischer und philosophischer Fehler, der bereits von Hunderten und Tausenden von Gelehrten verstanden und angezeigt wurde, nicht nur von den allerersten, die Kant und Hegel waren. Aus diesem Grund hat das Virus genau dort hart getroffen, wo der Kapitalismus brüht, um uns zu sagen: "Es ist genug, ihr musst eure Arbeits- und Lebensweise ändern!". Klarer hätte es nicht sein können!
Länder, Regionen und Städte, die bis Dezember 2019 das Paradies auf Erden zu sein schienen, das gewünschte Ziel für alle, nach sechs Monaten, im Juni 2020, als dieser kurze Artikel verfasst wird, erweisen sich als Abwasserkanäle: Die USA, die Abwasserkanäle der Welt mit der höchsten Anzahl von Todesfällen, wo die Menschen auf solch unzivilisierte Weise und in völliger Verlassenheit sterben, so dass das Konzept der "Zivilisation" in Bezug auf USA ins Stocken gerät, wenn es mit dieser Nation verbunden wird; New York, die Stadt, die als Hauptstadt der Welt im Zentrum der Weltwirtschaft stehen wollte, erwies sich als Kloake der USA. Die Lombardei, die sich bis vor einigen Monaten auf Grund von ihrem materiellen Reichtum als Zentrum Italiens vorstellte, erwies sich als die Kloake der ’Bel Paese’, des ’schönen Landes’.  China, das die Alternative zum Kapitalismus sein wollte, hat sich stattdessen als aus derselben Substanz hergestellt erwiesen, ebenfalls ein kapitalistisches Monster, das nur auf Profit abzielt und darüber hinaus auf einer sehr fragilen Basis absurder primitiver Essgewohnheiten ruht. 
Städte und Regionen Italiens, wie die im Süden, die früher als Regionen zweiter Klasse galten, erleben jetzt den Moment ihrer gerechten Rache, weil das Virus auch dort sprach und sie schließlich fast verschonte. In den letzten zwei Jahrhunderten haben sie sich nicht wie die nördlichen Regionen an den Kapitalismus verkauft. 
Nach sechs Monaten, wenn das Virus noch spricht und wir sehen werden, was es uns sonst noch sagen wird, stellt der westliche Kapitalismus die Scherben zusammen und versucht, etwas wieder aufzubauen, das, um die Wahrheit zu sagen, stattdessen vollständig zerstört werden müsste, um etwas wirklich Neues aufzubauen. Wenn wir es nicht in kurzer Zeit tun, wird uns früher oder später ein anderes Virus - wer weiß in welcher Form - an diese covid-19-Nachricht erinnern und uns noch stärker treffen. Versuchen wir deshalb, es jetzt zu verstehen, denn die nächste Warnung könnte viel entscheidender, zwingender und daher leider katastrophaler sein.

(Möhnesee, 31. Mai 2020)