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1.3.1: ERSTES STADIUM: Hegels Position zum Problem der  Religionsrettung bei einem aufgeklärten Volk

1.3.1: ERSTES STADIUM: Hegels Position zum Problem der  Religionsrettung bei einem aufgeklärten Volk

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1.3.1 ERSTES STADIUM 

Hegels Position zum Problem der 
Religionsrettung bei einem aufgeklärten Volk: 
Religion ist lebensnotwendig
 und muss als „Volksreligion“ gerettet werden

Zeitraum: August 1792 - Frühjahr 1793
Hauptquelle: Text 12

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Achtung: Es handelt sich um eine automatische Übersetzung des italienischen Originals,

es könnten Ungenauigkeiten geben. Bis Ende 2022 wird die Übersetzung korrigiert.
Insbesondere die Zitate können dem Sinn nach korrekt sein,

aber sprachlich nicht dem Original entsprechen.
Bitte nicht aus dieser Fassung zitieren, warten Sie bitte auf die Endfassung!).

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Die erste klare Position Hegels gegenüber der damals im Stift geführten philosophisch-religiösen Diskussion ist eine ausdrückliche Kritik an diejenigen, die glaubten, Religion habe keine theoretische Gültigkeit.
Leider ist es aufgrund des Mangels an Texten aus den Jahren 1789-1791 nicht möglich, mit chronologischer Genauigkeit festzustellen, wann diese Hegelsche Auffassung entstanden ist. Wir können jedoch mit ziemlicher Sicherheit behaupten, dass sie sich nicht vor dem 10. Januar 1792 entwickelt haben kann. Tatsächlich eine Predigt, die Hegel heute hält, in der er die Meinung äußert, dass die Funktion der Religion im Leben des Menschen nicht unverzichtbar ist und dass die Grundlage der Moral auch durch die Stimme des Gewissens verwirklicht werden kann. Dies ist offensichtlich eine Position vom Typ Rousseau, da der französische Philosoph in den ersten vier Jahren seines Aufenthalts in Tübingen von der allgemeinen Herangehensweise des Hegelschen Denkens geprägt zu sein scheint (1).
Hegels Verständnis von der zentralen und unersetzbaren Rolle der Religion im menschlichen Leben lässt sich erstmals eindeutig nur mit Text 12 „Inwieweit ist Religion zu würdigen …“ dokumentieren. Dieser Text wurde von dem jungen Philosophen zwischen Ende August 1792 und dem Frühjahr 1793 geschrieben (2). Seine Position zur Stiftsdiskussion muss daher spätestens in diesen Zeitraum gestellt werden.
Im Text finden wir den Beginn von Hegels Auseinandersetzung mit der philosophisch-religiösen Problematik. Dieser Vergleich wird dann in den folgenden Texten ausgebaut und erhält in den letzten Blättern des Textes 16 eine erste vollständige Systematisierung.
Die grundlegende Frage ist die der Rettung der Religion in einer aufgeklärten Nation, wie man an diesen Worten erkennen kann:

Die Opfer, (3) und die ihnen zugrunde liegenden Begriffe, können niemals in ein Volk eingeführt werden, das einen gewissen Grad an Erleuchtung erreicht hat [...]. Wie können sie sich in einer aufgeklärten Nation behaupten, wenn sie erst einmal da sind? "(SG 1, 159).

Hier ist das deutsche Original:
" Opfer und die Begriffe auf die [sie] sich gründen, lassen sich bei einem Volk nimmer einführen, das einen gewissen Grad von Aufklärung hat - [...] - wie können sie, wenn sie einmal da sind, bei einer aufgeklärten Nation sich halten.“ 
(SW 1, 75, 7-11).

Diese Problematik entwickelnd, fragt sich der junge Denker weiter, wie eine Religion beschaffen sein soll, die die Kritik des Intellekts überwinden will und gleichzeitig jene sensiblen Komponenten enthalten kann, die es ihr erlauben, auf die Mentalität der Menschen einzuwirken.
Die Antwort auf diese Frage bildet das zentrale Motiv aller Fragmente dieser Jahre bis hin zum Wintersemester 1793/94, die bereits in Bern entstanden sind. In den ersten Zeilen des Textes 12 wird daher die grundlegende Frage formuliert, die dann der Entwicklung des Hegelschen Denkens in den kommenden Monaten und Jahren zugrunde liegen wird.
In diesem wichtigen Text finden wir neben der grundsätzlichen Frage der Rettung der Religion bei einem aufgeklärten Volk auch diverse andere Überlegungen, die bereits einen weiteren Schritt zur Feststellung der Grundzüge einer solchen Religion darstellen. Besonders wichtig sind die von Hegel angestellten Überlegungen zur Doppelfrage, ob eine solche Religion als subjektiv oder objektiv und dennoch als privat oder öffentlich vorzuziehen ist.
Gleich zu Beginn des Textes geht Hegel gleich auf die Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Religion ein:

Inwiefern ist Religion als subjektiv oder als objektiv einzuschätzen? "(SG 1, 159).

Hier der Originaltext:

"... wiefern ist Religion zu schäzen als subjektive oder als objektive ?" (GW 1, 75, 3).

Diese Frage wird von ihm ausdrücklich im Zusammenhang mit Fichte behandelt und ist daher mit seiner Rezeption der Offenbarungsschrift (4) in Verbindung zu bringen. Da sich Hegel ausdrücklich die Frage stellt, ob die eine oder andere Form der Religion richtig ist – dies wird schon in den anderen überlieferten Fragmenten deutlich werden (5) –, ist zumindest aus diesem inhaltlichen Grund offensichtlich, dass dieser Text eine war vor den anderen geschrieben.
Die Fortsetzung des Textes setzt neben der Lektüre Fichtes auch die von Moses Mendelssohns Werk Jerusalem (6) voraus. Aus der Lektüre dieses Textes hat Hegel vor allem die Unterscheidung zwischen Privatreligion und Volksreligion mitbekommen (7). Diese Konzepte kehren im Text sehr oft wieder (8).
Hegel tritt für Volksreligion und gegen Privatreligion ein. Der Zweck der Volksreligion wird von ihm folgendermaßen ausgedrückt:

„... den Charakter der Nation im Ganzen zu formen “ (GS 1, 160).

Im Original: „[...] den Charakter der Nation im Großen zu bilden “ (GW 1, 76, 4).
Die Begriffspaare subjektiv-objektiv und öffentlich-privat, beide in Bezug auf Religion, spielen in den unmittelbar folgenden Texten eine zentrale Rolle. Aus diesem Grund ist es daher notwendig, dem Text 12 grosse Bedeutung beizumessen, da wir durch ihn rekonstruieren können, wie das Problem, das den folgenden Texten zugrunde liegt, entstanden ist und dann in die Texte der Berner Frühzeit in das Ideal des Gründung einer neuen Religion.
Dieses Problem lässt sich wie folgt zusammenfassen:

- Hegels grundlegendes Ziel ist es, die Religion vor einem aufgeklärten Volk zu retten;

- die grundsätzliche Frage ist, wie diese Religion aussehen soll;

- Grundlegende Merkmale dieser Religion, die Hegel in den letzten Monaten zu definieren versucht, sind Subjektivität und Popularität.

Eine weitere Frage bleibt zu klären, nämlich auf Grund welcher Argumentation Hegel die Religion retten wollte, was also der grundlegende Grund für sein Interesse an diesem Aspekt des menschlichen Lebens war.

Aus den anderen Texten wissen wir, dass Hegel in der Religion die Möglichkeit der „Beförderung der Moral“ sah, da sie die „Triebfedern“ oder „Beweggründe“ zum menschlichen Handeln (9). 
Diese Konzeption taucht im Text nicht explizit auf, aber die Konzepte, auf denen sie basiert, sind vorhanden. (10) Da sie in Kants Moralphilosophie durch die Theorie der Postulate begründet ist und diese Theorie von Fichte in seiner Offenbarungsschrift aufgegriffen wurde, könnte Hegel sie sowohl durch die Lektüre von Kant als auch durch den Fichtschen Text erhalten haben (11).
Der Einfluss von Flatts Lehre und Rapps Aufsatz „Über die moralischen Triebfedern, besonders der christlichen Religion“ ist angesichts ihrer direkten und täglichen Präsenz im damaligen Stift jedoch viel wahrscheinlicher.
Daraus lässt sich jedoch schließen, dass der grundlegende Grund, aus dem Hegel die Religion retten wollte, nämlich ihre Funktion zur Förderung der Volksmoral, von Hegel zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Textes bereits erdacht worden war.
In Text 12 wird daher Hegels Haltung gegenüber der philosophisch-religiösen Stiftsdiskussion deutlich zum Ausdruck gebracht: Er war der Meinung, dass die Religion in einem Volk zu retten sei und dies in Form einer subjektiv-volkstümlichen Religion geschehen müsse (subjektive Volksreligion).
Der nächste Schritt, den Hegel zu tun hatte, war die Lösung der grundlegenden Frage, was diese Religion in einem aufgeklärten Volk haben sollte, dh er musste ihre Hauptmerkmale herausarbeiten. Dies tat er in den unmittelbar folgenden Monaten, wie Text 16 reichlich und deutlich dokumentiert. 

FUSSNOTEN

1) Vgl. de Angelis, 1995.
2) Vgl. GW 1, S. 469-471.
3) Hegel bezieht sich hier auf die der Religion eigenen Opfer.
4) Siehe GW 1, p. 557, Anmerkung bei 75.4.
5) Siehe Text 16, Blatt „c“, GW 1, S. 87ff.
6) GW 1, Redaktionsbericht, p. 470: „Der erste Teil (des Textes) ist offenbar während der Lektüre des Buches Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum von Moses Mendelssohn entstanden“.
7) Vgl. Jamme, 1983, p. 50: „Die Unterscheidung zwischen Volks- und Privatreligion [...] erreichte Hegel durch Moses Mendelssohn, einen von Kant hochgeachteten Denker, und sein 1783 erschienenes Werk Jerusalem oder über religiöse Macht und Judentum“.
8) Sie greifen insbesondere auf folgende Stellen von GW 1 zurück: 76,5-6; 76,8; 77,13; 77.15-16; 77,19; 77.26.
9) Das sind Begriffe, die in wesentlicher Weise zu der theologisch-moralischen Debatte gehören, mit der wir es zu tun haben.
10) Siehe Platz 77,5 ff. von GW 1 (GS 1, S. 161 ff.), wo zu lesen ist: „- die ganze Reihe von Triebfedern und Beweggründen, womit man dise jene Tugend motivirt“ diese oder jene Tugend"). Hier wird deutlich, dass die Begriffe „Triebfeder“ und „Beweggrund“ zum Zeitpunkt der Abfassung 12 bereits zur Begriffsausstattung Hegels gehörten.
11) Siehe die Stelle 77,16-18 von GW 1, in der der Bezug zu Fichte bezüglich des Verhältnisses von Religion und Moral deutlich gemacht werden kann (siehe die Stelle 23,18-19 der Offenbarungsschrift).

 

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