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2000
(September)
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Hegel Wochen
beim
Goethe-Institut Neapel
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organisiert
von
Marco de Angelis
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Vorlesungsreihe in italienischer Sprache
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Grundlegende Dimensionen, Struktur und
Hauptbedeutung von Hegels Philosophie
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Einführung
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Papiertext: noch nicht veröffentlicht
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Digitaler Text: hier unten
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HEGEL-WOCHE 1
EINFÜHRUNG
ECHTE BEDEUTUNG UND AKTUALITÄT
DER PHILOSOPHIE HEGELS
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EINLEITUNG
1. Sinn der Hegel-Wochen am Goethe-Institut Neapel
Dazu kommt die gelegentliche und willkommene Tatsache, eine Institution gefunden zu haben, die bereit ist, das Projekt „Hegelian Weeks“ zu beherbergen, und darüber hinaus das Glück, dass diese Institution der wichtigste Ort für die Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur in der Welt ist ein idealer Grund und Inhalt, der die Option für einen solchen Ort rechtfertigt.
Tatsächlich ist Gründlichkeit ein eigentümlicher Aspekt des Deutschtums, der Germanität sozusagen, aber wir sagen der nordischen Kultur und insbesondere der germanischen (siehe dazu die Arbeit des Ex-Botschafters Italiens in Deutschland,... ), das ist, dass alles, was das deutsche Volk tut, im Guten wie im Bösen, radikal getan wird, endgültig und endgültig, nicht provisorisch und vorübergehend.
Wir können es daher als etwas zum Geiste des deutschen Volkes gehörig ansehen, dass der „Geist der Welt“, um uns mit den Worten Hegels auszudrücken, gerade dieses Volk zur Formulierung des in sich sammelnden philosophischen Systems erwählt hat alle philosophischen, wissenschaftlichen, religiösen, historischen Kenntnisse der Menschheit, die es in einem einzigen und endgültigen Rahmen koordinieren, in dem jeder Begriff seinen eigenen, genau definierten Platz hat, durch die vorherigen Begriffe vorbereitet und dann demonstriert wird und dann durch innere Notwendigkeit weiterführt Konzepte.
Offensichtlich ist diese gleichsam ethnologische Bedeutung des Ortes des Augenblicks der Synthese abendländischen Wissens im Lutherland nicht ausschließlich an die Person Hegels gebunden, sondern allgemein an seine Zeit. Es ist in der Tat die gesamte deutsche Intellektualität der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, die in ständiger Debatte an der Ausarbeitung einer letzten und allumfassenden Philosophie arbeitet, an einer Philosophie, die den Rang einer hatte eine echte Wissenschaft. Seit mindestens I. Kant ist dies das starke Ideal, das die verschiedenen deutschen Denker der Zeit eint, Fichte und Schelling sind die anderen beiden, die auf dem Weg berühmt wurden, der vom Meister von Königsberg, dem Vater dieser großartigen Ära - Vater Kant -, führt zur großen Stuttgarter Systematik.
Kurz gesagt, es war eine ganze Ära, die gesamte Intellektualität jener Zeit, die mehr oder weniger aktiv mit dem Ideal der Ausarbeitung einer systematischen und wissenschaftlichen Philosophie koexistierte. In diesem Sinne ist das Goethe-Institut, offensichtlich zusammen mit der Philosophischen Fakultät, vielleicht der geeignetste Ort, um diese großartige Ära in der Geschichte des menschlichen Denkens wieder aufleben zu lassen, auch um diejenigen zu unterstreichen, die dies noch nicht wissen, wenn wir darüber sprechen die Vergangenheit Deutschlands, „die Vergangenheit, die nicht vergeht“, wie es der Titel eines Buches über das Phänomen Nationalsozialismus ausdrückt, kann nicht nur durch jene zweifellos negative Zeit repräsentiert werden, die zuletzt die Vorherrschaft des absoluten Nihilismus über jede andere Weltanschauung erlebte Jahrhundert..
Auch das ist „Vergangenheit, die nicht vergeht“, nicht im negativen Sinne eines Schuldgefühls für etwas, für das man sich schämen muss, sondern im positiven Sinne für etwas, auf das man stolz sein kann, etwas, das vielleicht den größten Beitrag des Deutschen darstellt Menschen zur Geschichte der Menschheit.
Kommen wir nun zu einer kurzen Vorstellung unseres Projekts „Hegel-Wochen“.
2. Inhalt des Hegel-Wochen-Projekts
2.1 Aktualität der Hegelschen Philosophie; (Beispiele);
2.2 Notwendigkeit einer Aktualisierung und Neufassung seines philosophischen Systems
Das Projekt „Hegelsche Wochen“ beabsichtigt daher, ausgehend von dem Bewusstsein der großen historischen Bedeutung dieser Periode in der Geistesgeschichte, die verschiedenen Aspekte des Hegelschen philosophischen Systems auf gründliche, also radikale Weise zu vertiefen. Dies geschieht sowohl chronologisch als auch historisch, um so die verschiedenen Stadien der Ausarbeitung des Systems nachzuvollziehen und so seine Wurzeln und damit auch seine eigentliche Bedeutung zu verstehen, d.h. was dieses System für Hegel selbst hatte, und zwar ausschließlich systematisch, und analysiert daher die verschiedenen Abschnitte des Systems und die grundlegende Beziehung zwischen ihnen.
Dieses Programm wird durchgeführt als Verwirklichung der Grundintuition, dass Hegels Philosophie immer noch einen aktuellen Wert hat, das heißt, dass sie nicht nur angemessene und philosophisch fundierte Antworten auf Probleme unserer Zeit gibt (was wir aber immer noch nicht tun in der Zeit Hegels leben?), die aber auch eine Reihe von Schlüsselkategorien zunächst für ein gutes Verständnis unserer Zeit liefert.
Kurz gesagt, die grundlegende Intuition ist, dass zwischen dem Ende des 18. und dem Beginn des 19. Jahrhunderts die philosophischen Grundlagen der kommenden Welt, der nachaufklärerischen Welt, in Deutschland gelegt wurden, und dass wir daher heute wohl -nichtsdestotrotz können wir unsere Welt nicht verstehen und daher ideenklar in ihr handeln, ohne uns ernsthaft mit jenem philosophischen Gedanken konfrontiert zu haben, der dann im Hegelschen System seine synthetische Formulierung hat.
Offensichtlich ist diese Grundanschauung nicht blind, d. h. sie vergisst nicht, dass der Philosophie Hegels ohnehin sowohl durch die Individualität Hegels selbst als auch durch seine eigene Geschichtlichkeit Grenzen gesetzt sind, dass in Jedenfalls wurde es zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort formuliert und muss daher allen Grenzen dessen unterworfen sein, was eine zeitliche Existenz hat oder hatte.
Es handelt sich also darum, den azeitlichen logischen Inhalt von seinem formalen Ausdruck zu trennen, der ihm von Hegel gegeben wurde, der offensichtlich durch eine Reihe von Merkmalen verunstaltet ist, die mit der Raum-Zeit-Situation verbunden sind.
Gerade für diese Trennung ist es unabdingbar, den starken Kern des Hegelschen philosophischen Systems zu verstehen, also jenes Denkglied, ohne das es nicht möglich ist, ein solches System zu denken. Tatsächlich gibt es in jedem philosophischen System wesentliche Gedanken dazu, die der Autor von Anfang an erarbeitet und im Laufe seiner intellektuellen Entwicklung nie verändert hat, sowie Gedanken, die dies andererseits nicht haben entscheidende Rolle, sondern sind sozusagen zufällig. Vielleicht hat der Denker selbst sie im Laufe der Ausarbeitung der verschiedenen Versionen seiner Philosophie oft verändert oder sogar eliminiert. Dies bedeutet, dass derselbe Autor des philosophischen Systems nicht von der Wesentlichkeit dieser Konzepte überzeugt war, daher bilden diese Gedanken nicht den zentralen Kern seiner Philosophie, sondern nur die äußere Hülle,
Die Aktualisierung oder Umschreibung des Hegelschen philosophischen Systems muss daher zunächst darin bestehen, den wesentlichen Inhalt von den unwesentlichen Elementen des Systems zu trennen, um dann nur das wirklich noch Gültige dieser Philosophie zu bearbeiten. Zweitens muss dieser grundlegende Kern auf die Interpretation unserer Welt, unserer Zeit angewendet werden, sowohl auf ihre theoretische Seite, also auf die Erkenntnis, als auch auf ihre eigentlich praktische Seite, also auf das ethisch-politische Leben der Menschheit.
Was den ersten Aspekt betrifft, den theoretischen, so muss das Ergebnis die Umschreibung des Hegelschen philosophischen Systems oder besser gesagt des absoluten Idealismus sein, um eine nicht nur begriffliche, sondern auch sprachliche Formulierung für unsere Zeit zu haben.
Was den zweiten Aspekt betrifft, den ethisch-politischen, muss das Ergebnis ein idealistisches Leben sein, sowohl auf ethischer und individueller als auch auf politischer und sozialer Ebene. Wenn Hegels Philosophie die Wahrheit in ihren Grundzügen begriffen hat, so ist es für den Einzelnen und die menschliche Gemeinschaft als Ganzes offensichtlich notwendig, sich in dieser Philosophie zu verhalten, wenn sie in der Wahrheit leben wollen.
Die beiden Aspekte zusammen, die Umschreibung und Anwendung der idealistisch-absoluten Philosophie, machen das aus, was als „Verwirklichung“ dieses Gedankens (im doppelten Sinne von „Wirklichkeit“) definiert werden kann.
Aber warum so viel Arbeit gerade über den Gedanken von Hegel und nicht über einen anderen Philosophen, zum Beispiel Kant, leisten?
3. Warum Hegel und nicht ein anderes philosophisches System?
Wenn Hegel ausgewählt wurde, muss es natürlich kein Zufall sein, aber es muss einen logischen Grund, einen philosophischen Grund hinter dieser Option geben. Es könnte auf ein Motiv subjektiver und psychologischer Art hinweisen, nämlich darauf, dass im Leben des Schriftstellers die Begegnung mit Hegels Denken entscheidend war und jene Antworten lieferte, die andere Begegnungen - z. mit Vico, Spinoza, Kant und Marx - sie hatten nicht vorgesehen. Andererseits hätte dieses Motiv keinen universellen Wert, weil es offensichtlich ist, dass die Fragen, die Hegels Lektüre zu beantworten vermochte, bei einem anderen Thema anders sein könnten und daher bei anderen Denkern adäquate Antworten finden könnten.
Es muss also ein objektives Motiv geben, einen universellen logischen Grund, der diese Wahl rechtfertigt und uns versichert, dass unser Projekt einen objektiven und nicht nur einen subjektiven Wert hat.
Obwohl dieser Anspruch richtig und philosophisch begründet ist, ist er andererseits offensichtlich nicht sofort erfüllbar, dh es ist nicht möglich, zu Beginn der Arbeit anzugeben, wann nur Zwecke und Methoden angegeben werden können, aber sicherlich nicht bereits festgestellte Wahrheiten. Diese müssen tatsächlich ein Ergebnis wissenschaftlicher Arbeit sein und können keine Prämisse sein.
Andererseits zeigt sich gerade in diesem Verhältnis von Prämisse und Ergebnis wissenschaftlicher Arbeit die ihr innewohnende Dialektik, die Hegel selbst in seinen Werken, insbesondere in den verschiedenen Vorworten und Einführungen zur Wissenschaft, meisterhaft hervorgehoben hat of Logic und zur Encyclopedia of Philosophical Sciences.
Wenn es stimmt, dass das Ergebnis als solches erst am Ende der wissenschaftlichen Arbeit erscheinen kann, so gilt es auch, dass es in Form der Intuition bereits am Anfang vorhanden sein muss. Tatsächlich beginnt jede Forschung mit einer Idee, einer Intuition, die dann mit dem Studium verifiziert werden muss, mit der Ermüdung des Begriffs, wie Hegel sagen würde. Ist sie verifiziert, erscheint sie in Form eines Ergebnisses am Ende der wissenschaftlichen Arbeit.
Die Struktur wissenschaftlicher Arbeit ist daher zirkulärer Natur, sie ist am Anfang bereits in einer unentwickelten Form vorhanden, die dann – vielleicht – am Ende, so dass das Fortschreiten in der Wissenschaft, nach den Hegelschen Worten, – ein ist zurück zur Stiftung gehen.
Um eine Antwort auf die Frage ’warum Hegel?’ Es ist daher notwendig, die Intuition zum Ausdruck zu bringen, die dem Projekt „Hegel-Wochen“ und allgemein der wissenschaftlichen Arbeit des Schriftstellers zugrunde liegt.
Es ist die wissenschaftliche Hypothese, dass die Philosophie mit Hegel ihren Höhepunkt erreicht hat, das heißt das Verständnis des Absoluten, und daher das philosophische System des schwäbischen Denkers kein System unter vielen anderen Systemen darstellt, alle mehr oder weniger gültig (d.h. alle mehr oder weniger gültig weniger ungültig), sondern stellt den Moment der Synthese dar, in dem das gesamte philosophische Wissen, das in mehr als zweitausend Jahren Generationenarbeit erworben wurde, im Lichte einer klaren Methode und einer klaren Systematik organisch organisiert wurde.
Bei der Philosophie hätten wir es also mit der Summa der philosophischen Erkenntnis der Menschheit zu tun, mit dem Handbuch der Philosophie schlechthin, in dem die verschiedenen Begriffe dieser Wissenschaft auf nicht-subjektive und literarische Weise dargestellt und exponiert werden, aber streng logisch und wissenschaftlich.
Unter diesem Gesichtspunkt würde die Philosophie Hegels, selbst wenn die oben erwähnten Unterscheidungen hinsichtlich des Unterschiedes zwischen ihrem Inhalt und ihrer Form getroffen würden, die absolute Philosophie darstellen, die sicher in mehreren Teilen noch einmal verbessert werden kann, in einem moderneren ausgedrückt Sprache., aktualisiert durch den Vergleich mit dem Fortschritt der Wissenschaften nach dem Tod des Philosophen, die aber inhaltlich in ihren Grundbegriffen wie in ihrer tragenden Struktur kaum mehr modifiziert werden kann.
Diese Intuition und Hypothese wissenschaftlichen Arbeitens ist offensichtlich nicht improvisiert, sondern beruht auf den uns von Hegel selbst gegebenen Hinweisen, der seine Philosophie nicht nur als Wissenschaft vom Absoluten und als absolute Wissenschaft darstellt, sondern sein eigenes System in der Geschichte unmissverständlich vorstellt des Philosophieunterrichts philosophisch als der letzte Moment der Philosophiegeschichte, in dem die von früheren Denkern erreichten Wahrheiten, von denen jeder genau einen Aspekt der absoluten Wahrheit entdeckt hat, bewahrt und gleichzeitig überwunden werden, so einer der Grundlegenden Prinzipien, vielleicht die wichtigsten, der Dialektik.
Angesichts dieser Einschätzung, die Hegel selbst über die Rolle seines eigenen philosophischen Systems innerhalb der Philosophiegeschichte gibt, kann man sich natürlich distanzieren und sie als Beweis mangelnder Demut betrachten, oder sie kann auch mit einem ernsthaften, in - vertieftes Studium..
Tatsächlich hat Hegel in all seinen Werken immer eine große Demonstration von Demut gegeben, denn für einen ernsthaften Gelehrten besteht Demut nicht darin, die Wahrheit zu leugnen und sich in einem bequemen Relativismus zu verlieren, sondern darin, darauf hinzuarbeiten, dass das Ergebnis erreicht und angezeigt wird denn Wahrheit ist das Ergebnis eines logischen und rationalen Weges, der von jedem anderen vernünftigen Wesen nachvollzogen werden kann, das sich der eisernen Logik eines ernsthaften, wissenschaftlich orientierten Denkens unterwirft.
Hegel hat seine Philosophie nie als etwas auf seine individuelle Person Bezogenes verkauft, sondern immer deutlich gemacht, dass sein Denken, wenn es gültig ist, ein unabhängiges Dasein an sich hat, und nur durch historische Zufälligkeiten das Subjekt Besondere war GWF Hegel hat es formuliert. Es ist ein Produkt der Philosophiegeschichte, eben jenes bereits erwähnte synthetische und abschließende Moment, und die Vorbereitung zu dieser Synthese, die von früheren Denkern geliefert wurde, hat mindestens die gleiche Arbeit wie die von Hegel gemachte Synthese.
Das Bild vom Bau eines Hauses als gemeinsames Werk, obwohl nur ein Arbeiter den letzten Stein zu legen hat, vermittelt eine klare Vorstellung von der bescheidenen, aber nicht für diese realtivistische Art und Weise, in der Hegel das Produkt betrachtete seiner eigenen wissenschaftlichen Arbeit. Tatsächlich spielt das Wort Demut in der Wissenschaft keine Rolle: Entweder Sie haben starke Argumente für Ihre Thesen, das Ergebnis eines ernsthaften und gründlichen Studiums, und Sie können daher andere überzeugen und damit unterstützen ein nicht arroganter Gedanke, aber dass er das Recht hat, stark zu sein, oder solche Argumente sind schwach, aber dann ist er nicht demütig, er ist nur wissenschaftlich schwach.
Es gibt daher keinen Grund, Hegels These, dass das eigene philosophische System den apikalen und synthetischen Moment der philosophischen Geschichte der Menschheit, das Handbuch der Philosophie, die Darstellung des Absoluten darstellt, nicht ernst zu nehmen, mit einer ernsthaften und disziplinierten wissenschaftlichen Arbeit, deren Ergebnisse logisch sind begründet, als Ergebnis rationaler Arbeit, universell kommunizierbar und daher im Prinzip auch universell geteilt
Aus diesem Grund möchte der Verfasser das Projekt „Hegel-Wochen“ mit einem anderen Projekt namens „GWF Hegel-Philosophisches Labor“ verbinden. Es geht darum, eine Arbeitsgruppe zu schaffen, die sich auch im Gefolge des bereits Begonnenen (Wandschneider, Schild, de Angelis) eingehend mit den Hegelschen Texten vermisst und sie einer intensiven Kritik und Überprüfung auf ihrem Gebiet unterzieht Anspruch auf Absolutheit. In diesem philosophischen Laboratorium wäre es notwendig, im ganzen Korpus der Philosophie des schwäbischen Denkers das Überholte vom Absoluten und daher ewig Gültigen zu trennen und auf letzterem ein unserer Zeit angemessenes philosophisches System, eine neue Philosophie zu gründen Handbuch.
Aber braucht unsere Zeit ein solches Handbuch, eine absolute Philosophie?
4. Das Prinzip der „falschen“ Moderne: die Unabhängigkeit von Religion/Philosophie und Politik auf der Grundlage der Hingabe an Nihilismus, Relativismus, den Verlust absoluter Werte (Willenfreiheit westlicher Demokratien, Trennung von Kirche und Staat, Marx und Religion als Opium der Völker, Nietzsche und der Tod Gottes, die islamischen Staaten gegen die Moderne)
Die Antwort auf diese Frage ist offensichtlich und scheinbar eine negative Antwort. Tatsächlich scheint es, dass unsere Welt, unsere Zeit weder eine offizielle Religion noch eine offizielle Philosophie braucht, die die Funktion der theoretischen Fundierung der ethisch-politischen Staatswirklichkeit erfüllen.
In der Tat scheint das Prinzip der Moderne das Individuum als absoluter Wert zu sein, ohne dass der Inhalt des Lebens des Individuums näher definiert wird, und es braucht jenseits des Individuums das Recht, das sein Zusammenwirken regelt, um nur den Einzelnen zu schützen Individuell.
In barbarischster und materialistischster Weise, als „Profit“, ist dies das dominierte Prinzip der westlichen Demokratien und wird langsam zum dominierenden Prinzip auf dem Planeten Erde oder möchte es werden.
Angesichts dieser absoluten Dominanz des Individuums und des Profits sind Religion und Philosophie zu etwas Isoliertem geworden, das in die Ecke des individuellen Bewusstseins verbannt ist, aber keine offiziell institutionalisierte Funktion hat.
Die Religion spielt selbst im Falle von Konfessionen wie dem Christentum, die Hunderte Millionen Gläubige zählen, keine offizielle Rolle in der Leitung öffentlicher Angelegenheiten, während sie offensichtlich eine zu wenig wichtige Rolle in der Volkserziehung behält. Es steht jedoch außer Zweifel, dass sie unaufhaltsam ihre frühere offizielle Funktion verlieren.
Die Philosophie, die diesen Verlust der offiziellen Autorität der Religion hätte ausnutzen können und sollen, um sie an der Spitze des Staates zu ersetzen, hat dies versäumt, und zwar aus eigenem Verschulden. In der Tat, wie könnte eine Disziplin, die innerlich von unzähligen verschiedenen Positionen zerrissen ist und der Meinung ist, dass jeder Philosophieprofessor in der Lage ist, seine eigene Meinung über die Wahrheit auszudrücken, ein Leitfaden für die Gesellschaft als Ganzes sein?
Die akademische Welt der Philosophie ist heute ein Beispiel dafür, was eine wissenschaftliche Disziplin nicht sein darf, was keine seriöse und verantwortungsvolle professionelle Arbeit sein darf. Da Urteilskanons über die Ernsthaftigkeit und Wissenschaftlichkeit subjektiver Meinungen völlig fehlen, kann man den ernsthaften Denker nicht vom improvisierten, den wahren Originalphilosophen vom professionellen Wiederholungstäter unterscheiden.
Eine erste Folge dieses Chaos innerhalb der akademischen Welt der Philosophie ist offensichtlich ein totaler Autoritätsverlust, für den im Grunde die Philosophen oder Denker im Allgemeinen in der heutigen Gesellschaft nichts zählen, es sei denn, sie tun es selbst. Politik, das heißt, sie verlassen das Feld der Grundlagenforschung nicht endgültig.
Eine zweite Folge davon ist dann der totale Relativismus oder noch schlimmer Nihilismus, der die Philosophie (zumindest im Westen) beherrscht. Gerade weil wir nicht in der Lage waren, zumindest einige Richtlinien auszuarbeiten, um authentisches, wahres Denken von improvisiertem Denken, ernsthaftes und verantwortungsbewusstes Denken, von unbeschwertem und salzigem Denken zu unterscheiden, war die einzige Theorie, die unter diesen Bedingungen preisgegeben werden konnte, die Leugnung der Wahrheit jeder Theorie, das heißt absoluter Relativismus und Nihilismus, der ihre direkte Folge ist.
Es ist kein Zufall, dass die beiden Denker, die im abgelaufenen Jahrhundert vielleicht den größeren Einfluss hatten, Marx und Nietzsche, die einzigen Theoretiker der Religion als Opium der Völker und der Philosophie als Überbau ohne Wahrheitswert an sich waren. der Theoretiker von Gottes Tod und der Überwindung jeglichen absoluten Werts ist ein anderer.
Die historischen Ereignisse des Kommunismus und Nationalsozialismus und die menschlichen und sozialen Dramen, die diese historischen Erfahrungen hervorgerufen haben, müssen als direkte Folgen der totalen Zerstörung jedes objektiven Wahrheitswerts durch Marx und Nietzsche angesehen werden.
Aber selbst westliche kapitalistische Demokratien, obwohl sie nicht offen den totalen Nihilismus erreichen, basieren dennoch auf einem Relativismus, der nur den freien Willen des einzelnen westlichen Individuums unterstützt, sicherlich nicht die wahre Freiheit irgendeines Menschen, ob westlich oder nicht. Phänomene wie die Umweltzerstörung und die Ausbeutung industriell unterentwickelter Bevölkerungsgruppen könnten aber auch als Folgen eines grundlegenden Nihilismus gedeutet werden, der ja, wenn auch im Verborgenen, auch in den Demokratien des Westens wirkt.
Die einzige dissonante Stimme in diesem Chor der Vernichtung der offiziellen und institutionellen Funktion von Religion und Philosophie scheint die islamische Welt zu sein, die gerade als Reaktion auf den relativistischen Nihilismus des Westens versucht, eine Gesellschaft zu retten, die fest in offiziellen Werten verankert ist, die allgemeingültig sind für alle, die Mitglieder der Gesellschaft.
Dies bedeutet natürlich nicht, dass die islamische Welt das Vorbild ist, dem man folgen sollte, da die Werte, die sie unterstützt, offensichtlich die einer religiösen Kultur sind, die im Laufe der Zeit schließlich überholt ist.
Es scheint also, dass die Moderne keine offizielle Religion oder Philosophie braucht, sondern dass sie ohne theoretische Unterstützung der ethisch-politischen Lebenssphäre auskommen kann.
Doch bei näherem Hinsehen ist das eine falsche Modernität. Entstand die Moderne nicht unter dem Impuls des Wunsches, rational zu wissen, die wahren Prinzipien der Natur und des menschlichen Lebens sowie die wahren Prinzipien des Absoluten zu verstehen? Sie wurden nicht zB. Kulturphänomene wie die kopernikanische und galiläische Revolution (die Entdeckung der wissenschaftlichen Methode), die humanistische Revolte gegen die mittelalterliche Kultur zur Wiederentdeckung der den klassischen Texten innewohnenden Wahrheit, die protestantische Reform für eine ernsthafte Religion, basierend auf freier Prüfung und damit auf rationale Interpretation der christlichen Botschaft, um die Moderne, unsere Zeit zu eröffnen und zu begründen?
Wie konnte es also passieren, dass man aus einem so starken Verlangen nach wissenschaftlicher Erkenntnis, nach rationaler Erkenntnis der gesamten sichtbaren und nicht sichtbaren Wirklichkeit und nicht nur der materiellen Natur, dann im Wesentlichen zu einem Mangel an Vertrauen in die Fähigkeit der Vernunft kam die Wirklichkeit in ihren höchsten Aspekten verstehen, jenen des Geistes und der Werte, des Absoluten und damit der Verbindung zwischen Mensch und Natur, Vernunft und Welt?
Die Antwort auf die Ausgangsfrage nach der Notwendigkeit eines Handbuchs der Philosophie seitens der Moderne lässt sich dann zusammenfassend so zusammenfassen: Falsche Moderne, die auf ihrem Weg ihr ursprüngliches Prinzip einer rationalen Erkenntnis aus den Augen verloren hat der ganzen Wirklichkeit., braucht kein Handbuch der Philosophie, aber die wahre Moderne, die alles in allem immer noch vor dem Hintergrund zumindest der westlichen menschlichen Kultur agiert, kann auf ein solches Handbuch nicht verzichten, auf ein synthetisches und allgemeines, aber nicht oberflächliches, Vision der ganzen Realität, der Welt, in der der Mensch lebt, und daher des Platzes des Menschen in dieser Welt.
Gerade an dieser unserer Reminiszenz an das, was das ursprüngliche Prinzip der Moderne war und das schließlich das Grundprinzip unserer modernen abendländischen Zivilisation bleibt, können uns die Worte des jungen Hegel nur zum Nachdenken anregen ein klarer und unmissverständlicher Weg:
"Religion ist einer der wichtigsten Angelegenheiten unseres Lebens..."
Gerade weil "Religion einer der wichtigsten Angelegenheiten unseres Lebens“ ist, die die Aufgabe hat, die bedeutendsten Lebensphasen des Menschen (Geburt, Ehe, Tod) so zu organisieren, wie es ein ernster Zustand kann, wurde nicht improvisiert aber dachte, darauf verzichten? Und tatsächlich denkt der junge schwäbische Student in den folgenden Blättern dieses Fragments darüber nach, wie der Staat diese religiösen Funktionen organisieren, wie er sie sich einverleiben sollte, ohne sie der inoffiziellen Initiative selbst etablierter Institutionen wie der Kirche zu überlassen.
Aber was der junge Hegel über die Religion, also ihre Funktion als Staatsseele, ihren eigentlichen Inhalt schreibt, bezieht sich nicht nur auf die Religion im strengen Sinne, also auf den Glauben, sondern muss sich auch auf die Philosophie erstrecken. Der reife Hegel stellt in der Tat klar, dass Religion und Philosophie, obwohl unterschiedlich in der Form, repräsentativ im Fall des ersteren, konzeptionell im Fall des letzteren, nichtsdestoweniger die gleiche Verankerung leisten – oder besser gesagt, leisten sollten und könnten Funktion des Staatslebens mit soliden ethischen Werten.
Was also der junge Hegel über die Religion im strengen Sinne behauptet, wiederholt der reife Hegel in historischer Kontinuität in Bezug auf die Religion im weiteren Sinne, also auf die Philosophie: Sie hat die Aufgabe in der Moderne, also in der Zivilisation, das hat die repräsentative Art überwunden, das Absolute zu erfassen, die Aufgabe der Staatsgründung, den Menschen die notwendige geistige und sittliche Orientierung zu geben.
Deshalb wird in den verschiedenen Fassungen und Neuauflagen, die Hegel von seinen Hauptwerken herausgegeben hat, insbesondere der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften und der Rechtsphilosophie, in denen das Verhältnis von Erkenntnis des Absoluten und ethischem Leben direkter behandelt wird, Politik der Menschheit, taucht immer wieder in Form von Anmerkungen auf, mehr oder weniger immer in den Übergangsabschnitten vom objektiven Geist (der ethisch-politischen Welt) zum absoluten Geist (dem Universum der Religion und Philosophie) platziert, das Thema der Beziehung zwischen Staat und Kirche.
In dieser Anmerkung stellt Hegel klar gegen die „falsche“ Moderne, aber die wahre ankündigend klar, dass es keinen wahren, ernsthaften Staat geben kann ohne eine Religion (offenbar im weitesten Sinne, also eine Philosophie), die ihn begründet, die ihn rechtfertigt es rational, also wissenschaftlich, jene ethischen Werte, die unweigerlich zu ihrer Grundlage gehören (in der Verfassung, dem inneren Staat verankert).
Aus der Lektüre dieser Notizen, unterstützt durch die ähnlichen und vorbereitenden Beweise des Studiums des jungen Hegel und damit der Entwicklung der Philosophie des schwäbischen Denkers, wurde dann das religionsphilosophische Projekt desjenigen, der es vollendete deutlich hervortritt idealistische Philosophie. Dieses Projekt kann als wissenschaftliche Bestätigung der Philosophie als absolut rationale Religion auf der Grundlage der Moderne, der wahren Demokratie (die nicht auf Profit und freiem Willen basiert, sondern auf wahrer Freiheit) definiert werden.
Die eingehende Analyse der drei Konzepte, die als wesentliche Eigenschaften wahrer Philosophie hervorgehoben werden, nämlich zunächst ihre „wissenschaftliche Natur“, dann ihre „Religiosität“ und schließlich ihre „demokratische Natur“, denen jeweils eine Lektion gewidmet wird aus dieser ersten Hegel-Woche, kann einen Überblick über den aktuellen Wert der Hegelschen Philosophie geben und gleichzeitig auch einige Aspekte aufzeigen, die in den nächsten Hegel-Wochen zu vertiefen interessant sein werden.
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§1 Die Sinnhaftigkeit der Philosophie des absoluten Idealismus (Philosophisches System als Weisheit)
Die Philosophie ist keine äußere Wissenschaft in Bezug auf denjenigen, der sie studiert oder lehrt, denn sie ist eins mit der Persönlichkeit desjenigen, der sich mit ihr beschäftigt. Sie ist weder ein Büro, das zu einer bestimmten Zeit öffnet und zu einer anderen schließt, noch ist sie eine Arbeit, die aus rein wirtschaftlichen Gründen ausgeübt werden kann, noch ist sie eine Wissenschaft, die über objektive Daten verfügt, die gemessen und erfahren werden können, unabhängig vom Gelehrten. Im Gegenteil, sie besteht in der Innerlichkeit, in der Seele derer, die sich zu ihr bekennen.
Insbesondere gibt es zwei grundlegende Aspekte dieser faszinierenden Disziplin: Der erste Aspekt, der theoretischer Natur ist, ist das Wissen, das Wissen über die Welt, in der wir als endliche Wesen leben; der zweite, der eher praktischer Natur ist, betrifft die Handlungen des Menschen, den Sinn, den er seiner Existenz in dieser Welt gibt, die Werte, die sein Handeln inspirieren.
Der erste Aspekt kann als der wissenschaftliche Aspekt definiert werden, daher die Philosophie als "Wissenschaft" im eigentlichen Sinne. Der Philosoph braucht dieses Wissen, also diesen Wissensschatz, der natürlich die ersten Prinzipien der Wissenschaften betrifft, nicht ihre spezialisierten Aspekte, um daraus Hinweise für den zweiten Aspekt, den praktischen, abzuleiten.
Der zweite Aspekt kann als "Weisheit" definiert werden, d.h. als eine gewisse Fähigkeit, in seinem Leben ausgewogene und gut informierte Entscheidungen zu treffen, die es ihm ermöglichen, es unter den gegebenen konkreten Umständen auf die bestmögliche Weise zu leben.
Die Aufgabe der Philosophie besteht nämlich darin, auf der Grundlage der Kenntnis der Welt zunächst sich selbst und dann möglicherweise auch anderen eine Anleitung zu geben, die für ein kluges und ausgewogenes Leben nützlich ist. Unter diesem Gesichtspunkt weist der Begriff "Philosophie", der aus dem Griechischen stammt und "Liebe zum Wissen", aber auch das Streben nach Weisheit bedeutet, perfekt auf diesen rein existenziellen Charakter der Philosophie hin, der eng mit dem Leben der Person verbunden ist, die sich mit ihr beschäftigt. Der Philosoph ist in der Tat derjenige, der die Wissenschaft liebt, der das Wissen insofern liebt, als es ihn mit der Welt, in der er lebt, vertraut macht, aber er liebt es nicht zu einem rein theoretischen Zweck der rein objektiven Betrachtung dessen, was ihn umgibt, sondern vielmehr mit dem starken praktischen Interesse, aus diesem Wissen Anhaltspunkte zu gewinnen, um zu wissen, wie man sich in den täglichen Ereignissen des Lebens bewegen kann.
Deshalb kann die Einführung in die Philosophie für einen Menschen, der diese Disziplin als Berufung und Lebensstil und nicht nur als Beruf lebt, nichts anderes sein als die Einführung in seine eigene innere Welt, in die vorläufige Synthese, die nach Jahren des Nachdenkens, des Studiums, des ethischen Lebens, das auch aus Fehlern, Umdenken und Korrekturen sowie aus Erfolgen und positiven Errungenschaften besteht, erreicht wurde.
Diese innere Welt des authentischen Philosophen wird natürlich auch die "inneren Welten" der anderen früheren Philosophen enthalten, die natürlich bei der Entwicklung der eigenen Philosophie nicht außer Acht gelassen werden können. Aber wie sehr ein authentischer Denker auch frühere Gedanken studieren und sich auf sie beziehen mag, er wird sie unweigerlich durch seine eigene individuelle und unwiederholbare Persönlichkeit, seine eigenen persönlichen und ebenso unwiederholbaren Überlegungen und ethischen Erkenntnisse filtern. Daher wird seine innere Welt seine eigene sein, die letztlich nur ihm gehört.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Philosophie eine Haltung der Liebe zum Wissen und zur Wissenschaft ist, um daraus eine eigene rationale Lebensweise abzuleiten, die auf der wissenschaftlichen Erkenntnis der Welt beruht und die wir im Allgemeinen als "weise" bezeichnen. Die Einheit der beiden Aspekte, das theoretische Wissen und die daraus abgeleiteten Prinzipien des praktischen Handelns, bilden die "Weisheit". Daher kann man den Philosophen letztlich auch als "weise" bezeichnen.
Der deutsche Denker Immanuel Kant hat diese Ko-Präsenz der Begriffe Wissenschaft und Weisheit im Begriff der Philosophie und die Beziehung zwischen ihnen in der folgenden Passage sehr gut ausgedrückt:
ZITAT KANT
Philosophie nach dem Kant’schen Konzept kann also als "Wissenschaft der Weisheit" definiert werden.
§2 Die Wissenschaftlichkeit der Philosophie des absoluten Idealismus (Philosophisches System als Wissenschaft)
Wenn man die Wissenschaftlichkeit einer philosophischen Konzeption verstehen will, muss man zunächst einmal herausfinden, was die Philosophie von anderen Wissensformen unterscheidet, vor allem natürlich von den empirischen Wissenschaften. In der Tat ist es zunächst notwendig zu verstehen, ob die Philosophie eine Wissenschaft ist oder nicht, und im Falle einer positiven Antwort zu klären, was der Gegenstand ist, dessen Problematik sie eine Wissenschaft ist.
§3 Der eigentliche Gegenstand der Philosophie als Wissenschaft
Ein erster Vergleich zwischen der Philosophie und den empirischen Wissenschaften offenbart den folgenden Hauptunterschied: Die empirischen Wissenschaften haben nur einen Bereich oder Aspekt der natürlichen und geistigen Wirklichkeit zum Gegenstand, die Philosophie hingegen untersucht die Wirklichkeit in all ihren Aspekten und Bereichen. Die Philosophie als Wissenschaft zeichnet sich also dadurch aus, dass sie nicht nur ein Teilgebiet der Wirklichkeit, sondern die Gesamtheit des Natürlichen und Geistigen erforscht.
Natürlich reicht es für die Philosophie, wenn sie einen eigenen wissenschaftlichen Status haben will, nicht aus, einfach eine Summe der Ergebnisse der empirischen Teilwissenschaften zu sein, was an sich schon ein verdienstvolles Unterfangen ist, aber es reicht natürlich nicht aus, um eine Wissenschaft zu charakterisieren. Das wäre eine Enzyklopädie der empirischen Wissenschaften, die zum Beispiel von einer Person mit sehr guter Allgemeinbildung verfasst würde, deren Ziel es wäre, die grundlegenden Ergebnisse der empirischen Wissenschaften in einem einzigen Text zusammenzufassen.
Wenn die Philosophie eine Wissenschaft sein soll, die sich von den anderen unterscheidet, muss sie ihre eigene Problematik haben, einen besonderen Standpunkt, von dem aus sie die Summe der besonderen Ergebnisse der empirischen Wissenschaften betrachtet. Es gibt in der Tat eine wissenschaftliche Frage, ein Warum, das von keiner empirischen Wissenschaft beantwortet wird und werden kann. Es ist die Frage nach dem Sinn unseres Lebens und damit nach der Richtung, die wir unserer Zukunft geben müssen, sowohl individuell (Ethik) als auch gesellschaftlich (Politik), basierend auf einem Verständnis dieses Sinns.
Diese Frage betrifft in der Tat nicht etwas, das existiert oder bereits existiert - wie alle Gegenstände der empirischen Wissenschaften -, sondern etwas, das noch nicht existiert, das wir schaffen müssen. Die analytische und deskriptive Methode der empirischen Wissenschaften ist in diesem Fall nicht mehr geeignet, weil es nicht etwas zu beschreiben gibt, da dieses Etwas erst noch geschaffen werden muss. Die Frage ist eben, wissenschaftlich zu verstehen, was zu schaffen ist, welchen Inhalt wir unserem Leben geben sollen.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist also die Problematik, die den eigentlichen Gegenstand der philosophischen Forschung ausmacht, ein Gegenstand, der niemals einer beschreibenden Wissenschaft eigen sein kann.
§4 Die Methode der Philosophie als Wissenschaft
Die Methode der Philosophie bei dem Versuch, die Sinnfrage zu beantworten, kann also nicht die deskriptive sein, da es noch nichts gibt, was beschrieben werden kann, sondern muss die deduktive sein. Das heißt, die Philosophie muss, natürlich auf der Grundlage der globalen Ergebnisse der empirischen Wissenschaften, also auf der Grundlage der Erkenntnisse über die natürliche und menschliche Welt, zu denen diese Ergebnisse führen, den Sinn des Lebens des Menschen im Universum ableiten und dann der Menschheit angeben, welchen Inhalt sie ihrem Leben geben muss, um glücklich zu sein, oder, um es so weit wie möglich zu vereinfachen, um gut zu leben, denn es ist offensichtlich, dass der Mensch nicht das Ziel haben kann, schlecht zu leben. Der Sinn des menschlichen Lebens ist natürlich, gut zu leben, und die Philosophie hat die Aufgabe, ihm den Weg zur Verwirklichung dieses Sinns zu zeigen.
§5 Die Suche nach dem Absoluten als Voraussetzung für die Suche nach dem Sinn des menschlichen Lebens
Das Verstehen des Sinns des menschlichen Lebens im Universum kann jedoch nicht vom Verstehen des Sinns des Universums getrennt werden. Denn da der Mensch ein Teil des Ganzen ist, kann sein Leben, wenn es einen Sinn hat, nur innerhalb des Ganzen einen Sinn haben. In der Tat erhält jeder Teil seinen Sinn immer innerhalb des Ganzen, von dem er ein Teil ist; außerhalb dieser Beziehung zwischen dem Ganzen und den Teilen könnte es für das menschliche Leben natürlich keinen Sinn geben.
Deshalb kann jede philosophische Konzeption, bevor sie ihre Ethik formuliert, d.h. eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des menschlichen Lebens gibt, die das Wesen der Philosophie ausmacht, nicht umhin, einen Grundlagenteil zu enthalten, der die Aufgabe hat, die globalen Ergebnisse der empirischen Wissenschaften unter dem Gesichtspunkt der Suche nach dem Sinn des Universums, des ihm zugrunde liegenden Prinzips, des archè, zu betrachten.
Dieser Grundlagenteil einer Philosophie ist der theoretische Teil, während der abschließende Teil, der sich auf den Sinn des menschlichen Lebens bezieht, der ethische Teil ist.
§6 Das philosophische System als charakteristischer Ausdruck einer authentischen Philosophie
Nach der Durchführung dieser deduktiven Arbeit, die natürlich die deskriptive Arbeit der empirischen Wissenschaftler voraussetzt und in sich enthält, wird das Ergebnis ein philosophisches System sein, d.h. eine Vorstellung sowohl vom Sinn der natürlichen und geistigen Welt als auch vom Sinn des individuellen und sozialen menschlichen Lebens in der Welt.
Alle echten Philosophien sind Systeme, Philosophien, die nicht die Form von Systemen annehmen, sind lediglich mehr oder weniger interessante Überlegungen und verstreute Gedanken, also Literatur, vielleicht sogar von Wert, die aber nicht den Rang einer Philosophie im wissenschaftlichen Sinne beanspruchen kann, weil sie nicht auf einer strengen logischen Deduktion beruht, die ihrerseits auf einer profunden Kenntnis der globalen Ergebnisse der empirischen Wissenschaften beruht.
Unter diesem Gesichtspunkt ist also das philosophische System des absoluten Idealismus - auch unabhängig von den Schlussfolgerungen, zu denen es führt - allein schon durch seine Form durchaus ein wissenschaftlicher Ausdruck der Philosophie, indem es sowohl auf die Frage nach dem Sinn der Weltentwicklung (in der Logik, in der Philosophie der Natur und des subjektiven und absoluten Geistes) als auch auf die Frage nach dem Sinn des menschlichen Lebens in der Welt (in der Philosophie des objektiven Geistes) eine Antwort gibt.
Sie begründet auch ihr wissenschaftliches Vorgehen mit einer klaren - wiederum deduktiv begründeten - Angabe der angewandten methodischen Prinzipien (der Dialektik), so dass sie auch vom streng formalen Standpunkt aus Wissenschaft ist und nicht die subjektive Phantasie des Autors.
[Verlesung der wichtigsten Passagen aus der Wissenschaft der Logik, die sich auf die Grundprinzipien der Dialektik beziehen].
§7. die Religiosität der Philosophie des absoluten Idealismus (Philosophisches System als rationale Religion)
Vielleicht ist die Entwicklung des Denkens bei keinem anderen Philosophen so langsam, aber auch so beständig und nahtlos verlaufen wie bei Hegel. Er arbeitete seine Philosophie buchstäblich Tag für Tag aus, fügte Stein für Stein hinzu, und am Ende war das Ergebnis ein äußerst solides Gebäude, das System, dessen Sinn und Bedeutung in diesem Ausarbeitungsprozess gesucht werden muss. Die Lektüre von Hegels frühen Schriften, deren Manuskripte, die sich im Besitz von Hegels frühen Biographen Rosenkranz und Haym befanden, dann teilweise verloren gingen, wurde zu Beginn dieses Jahrhunderts von Dilthey und Nohl wiederentdeckt und veröffentlicht, und von da an gerade wegen ihrer Bedeutung für den Sinn des Systems einen kontinuierlichen Forschungsgegenstand bilden, wird sofort deutlich, dass die Verbindung von Religionsphilosophie, auch in Bezug auf den Staatsbegriff und damit auf die Sphäre der Politik, zweifellos den Leitfaden der Entwicklung des Denkens des schwäbischen Philosophen darstellt.
Seit seiner Stuttgarter Zeit, als der spätere Philosoph noch Schüler des dortigen Gymnasiums war, kreisen seine Überlegungen, die er akribisch in einem glücklicherweise überlieferten Notizbuch festhielt, um den Begriff der "Aufklärung" sowohl des Gelehrten als auch vor allem des einfachen Menschen. Hegel schreibt dazu, dass ihm letzteres besonders am Herzen lag und von der Religion der Zeit abhing (vgl. Tagebucheintrag vom 22. März 1786 in Scritti giovanili, Bd. I, Neapel 1993, S. 1). I, Neapel 1993, S. 63).
Dieses Thema der Aufklärung des gemeinen Mannes, d.h. die Frage, wie es möglich sein könnte, das Volk aufzuklären, nachdem die Gelehrten durch die Wissenschaften und Künste aufgeklärt sind, ist nicht nur das beherrschende Thema dieser frühen Jahre in der Entwicklung seines Denkens, wie Schmidt-Japing schon 1924 so treffend feststellte, sondern wird das Grundthema des gesamten Verlaufs von Hegels Denken bleiben. Denn was ist z.B. das Thema der Phänomenologie des Geistes und das des absoluten Geistes, wenn nicht die Erkenntnis des Geistes, dass er in seinem eigenen universellen Wesen das Absolute ist, und was ist diese Erkenntnis, wenn nicht die "Aufklärung des gemeinen Menschen", denn die philosophische Wissenschaft kann offenbar von jedem erlangt werden, sofern er bereit ist, sich der "Anstrengung des Begriffs" zu unterziehen, wie Hegel in einem der Schlüsselsätze der Phänomenologie deutlich macht?
Wer mit dem gesamten Korpus des Hegelschen Denkens in seiner chronologischen Entwicklung gründlich vertraut ist - und zwar vertraut in dem Sinne, dass er diese Entwicklung mit Hegel erlebt hat -, kann daher zwischen den frühen Stuttgarter Überlegungen und der letzten und endgültigen Fassung des Systems, der Enzyklopädie von 1830, nicht umhin, eine inhaltliche Kontinuität zu erkennen, auch wenn die Begriffe, d.h. die Form, in der dieser Inhalt dargelegt wird, offensichtlich etwas unterschiedlich sind.
Offensichtlich durchläuft die Entwicklung dieser grundlegenden Problematik, die dem Hegelschen Denken eigen ist, verschiedene Stadien, die die verschiedenen Phasen darstellen, in denen der Philosoph die wissenschaftliche Lösung dieser Problematik auf äußerst ernsthafte Weise und als wahrer Gelehrter konstruiert. Schauen wir uns diese Phasen aus der Vogelperspektive an.
Die erste Phase ist eindeutig auf die Zeit seiner Universitätsstudien in Tübingen und das erste Jahr seiner Präzeptur in der Schweiz, d.h. die Jahre 1788-1794, begrenzt. Die wichtigsten Fragmente aus dieser Zeit sind nach der aktuellen Ausgabe der Gesammelten Werke und ihrer zitierten italienischen Übersetzung die Texte 16 und 26.
Der Text 16, der aus mehreren, zum Teil ebenfalls unvollständigen und daher im Wesentlichen fragmentarischen Manuskriptblättern besteht, enthält die ausführlichste Darstellung der grundlegenden Problematik, die die Seele des jungen Stift-Schülers bewegte. Dieser Satz kann uns helfen, diese Problematik zu verstehen:
[Lesen Sie die Passage "Meine Absicht..." auf S. 175-176].
Schon die Art und Weise, wie Hegel schreibt ("Meine Absicht usw."), offenbart uns ein Programm, ein Arbeitsprojekt, das langsam ausgearbeitet wird.
Text 26 enthält dann die Schlussfolgerungen, zumindest die vorläufigen, zu denen Hegel in dieser ersten Phase gelangt. Der letzte Satz dieses Textes macht uns klar, worin diese Schlussfolgerung besteht:
"Das System der Religion, (...), wird nun seine eigene wahre und selbständige Würde haben..." (p. 260)
Von diesem Moment an, wir befinden uns gegen Ende des Jahres 1794, schreitet die Entwicklung des Hegelschen Denkens mit dem klaren Ziel voran, das System der neuen Religion zu konstruieren, der Religion, die dem Menschen seine verlorene Würde zurückgeben wird, die ihn lehren wird, das Absolute und Wahre nicht mehr außerhalb, sondern in sich selbst zu suchen.
In dieser ursprünglichen Formulierung des Hegelschen philosophischen Programms müssen zwei Aspekte hervorgehoben werden, die scheinbar gegensätzlich sind, die aber im Gegenteil gerade in ihrer Einheit dasjenige darstellen, was die Größe und Originalität des Hegelschen Denkens ausmacht, und die Faszination, die diese Philosophie immer ausgeübt hat und immer noch ausübt, nicht nur offensichtlich auf seine Anhänger, sondern auch auf seine Gegner.
Im Hegelschen philosophischen Programm gibt es zum einen das - rein weltliche und philosophische - Thema der Suche nach dem Absoluten und der Wahrheit im Menschen und außerhalb des Menschen. Dies ist - für sich betrachtet - kein originäres Produkt Hegels, da das gesamte aufklärerische wie auch das kantische Denken in diese Richtung orientiert war.
Andererseits ist aber auch der Aspekt der Religion bei Hegel vorhanden, denn diese Suche des Menschen nach dem Absoluten muss eine neue Religion hervorbringen, eine Religion der Würde, und nicht ein philosophisches System für Gelehrte. Dieser Aspekt der Religion fehlt sowohl in der Aufklärung als auch bei Kant, denn für diese Weltanschauungen ist der höchste Punkt, den das Denken erreichen kann, das Absolute, die menschliche Vernunft und nicht ein Gott, ein Absolutes, ein Prinzip, das der subjektiven menschlichen Vernunft auf jeden Fall überlegen ist.
So sind bei Hegel von Beginn seines Philosophierens an das Bedürfnis nach Würde und das Bedürfnis nach dem Absoluten gleichzeitig vorhanden. Wie aber ist es möglich, diese beiden scheinbar widersprüchlichen Forderungen zu koordinieren und zu versöhnen, da die erste (die Forderung nach Würde) keinem Absoluten unterworfen sein will und die zweite (die Forderung nach dem Absoluten) Gefahr läuft, die Würde zu unterdrücken?
Die Lösung dieses Gegensatzes zwischen Religion und Würde durch die Verwirklichung des eigenen ursprünglichen philosophischen Programms stellt somit den grundlegenden Sinn und Inhalt der Entwicklung des Hegelschen Denkens ab Ende 1794 dar.
Die ersten Jahre dieser Entwicklung - von 1795 bis 1799 - widmet Hegel dem Studium des Christentums. In dieser Studie bewegt den jungen Denker die Frage, wie es möglich war, dass eine Religion, die christliche Religion, die ursprünglich - also in der Botschaft Jesu - die Würde des Menschen achtete, im Laufe der Jahrhunderte positiv wurde, d.h. institutionelle Formen annahm, die die Würde des Menschen untergruben, da die Botschaft der Liebe schließlich aus dem Blick geriet und die Verehrung Jesu als Gottessohn im Vordergrund stand (was zu Aberglauben führte).
Den Grund für diese Institutionalisierung des Christentums sieht Hegel in einem historischen Faktor, der mit der Entstehung dieser Religion zusammenhängt, nämlich der Tatsache, dass sie ursprünglich vom jüdischen Volk verbreitet wurde, das von Anfang an ein gespaltenes Volk war, also ein Volk, das die Einheit von Gott und Welt nicht verstanden hatte. Aus diesem Grund habe das jüdische Volk diese Spaltung auch in der Botschaft Jesu widergespiegelt, die stattdessen eine Botschaft der Liebe, also der Vereinigung und Versöhnung und nicht der Spaltung war.
Auf der Grundlage seiner Interpretation der Geschichte des Christentums reflektiert Hegel den Begriff der Liebe sehr eingehend, um seine logische, zeitlose Struktur zu verstehen. Obwohl er sich dessen noch nicht bewusst ist, ereignet sich um die Jahre 1796-1799 ein sehr wichtiges Ereignis in Hegels Denken. Einerseits beschäftigt sich der junge Philosoph intensiv mit der Religionsgeschichte, insbesondere mit der Geschichte des Christentums, und andererseits reflektiert er in bereits philosophischer und auch bereits dialektischer Weise über die Grundbegriffe dieser Religion, allen voran den Begriff der Liebe, und verwandelt die Grundvorstellungen des Christentums in philosophische Begriffe.
So kommt es zu einem scheinbar merkwürdigen Vorgang, der dazu geführt hat, von einer Zäsur in der Entwicklung des Hegelschen Denkens um 1800 zu sprechen, der aber in Wirklichkeit demjenigen, der den gesamten Verlauf des Hegelschen Denkens eingehend kennt, gar nicht merkwürdig erscheint. Noch am Ende des Jahres 1800 schreibt Hegel
"... die Philosophie muss mit der Religion enden..." (im System-Fragment, abgeschlossen am 14. September 1800).
In dieser Schrift arbeitet Hegel in der Tat ein erstes philosophisches System aus, dessen Protagonist der Begriff des unendlichen Lebens (des Absoluten) im Gegensatz zum endlichen Leben (der Welt der Natur und des Geistes) ist, das sich zum ersteren erheben muss, und diese Erhebung ist nach Ansicht des jungen Philosophen nur durch die Religion möglich.
In diesem ersten Entwurf, der uns leider auch unvollständig überliefert ist, haben wir also bereits die Grundzüge des künftigen Hegelschen Systems, das Endliche erhebt sich zum Unendlichen, nur ist Hegel noch davon überzeugt, dass diese Erhebung durch die Religion erfolgen muss.
Nicht einmal zwei Monate später, am 2. November 1800, schreibt Hegel in einem berühmten Brief an Schelling
"In meiner wissenschaftlichen Ausbildung, die von den untersten Bedürfnissen der Menschen ausging, mußte ich zur Wissenschaft getrieben werden, und zugleich mußte sich das Ideal meiner Jugendjahre in reflexiver Form in ein System verwandeln; (...)"
(Epistolario, Neapel 1983, S. 156)
Sowohl durch dieses Eingeständnis, dass sich seine eigene Entwicklung auf die Wissenschaft, also auf die rationale Erkenntnis, die Philosophie, zubewegt, als auch durch die berufliche Entscheidung, diese Disziplin in Jena zu lehren, zeigt Hegel also deutlich, dass in ihm eine fortschreitende Distanzierung von der Religion heranreift, sowohl im Sinne des grundlegenden Gegenstandes seiner Überlegungen als auch im Sinne des - damit verbundenen - Platzes, den er dieser Sphäre in dem sich allmählich herausbildenden System widmet.
So zog Hegel nach Jena und arbeitete in den ersten Jahren in Jena in Korrespondenz mit seinen Vorlesungen über Logik/Metaphysik und Naturrecht langsam die Grundzüge seines eigenen philosophischen Systems aus.
Dieser langsame, aber sichere Prozess der endgültigen Strukturierung des Systems als Philosophie, als rationales Denken, kulminierte 1805-06, als die Logik/Metaphysik dank des Manuskripts von 1804-05 in ihren Grundprinzipien und die so genannte Realphilosophie, d.h. die Philosophie der Natur und des Geistes in den jeweiligen Manuskripten, in ihren nun endgültigen Konturen umrissen waren.
Der Höhepunkt dieser Arbeit am Begriff, dieser rationalen Konstruktion wissenschaftlicher Erkenntnis, findet sich unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung des Hegelschen Denkens in einem vermutlich um 1805 entstandenen Fragment, das das System der Ethik von 1802, das Hegel ursprünglich zu veröffentlichen beabsichtigte, abzuschließen scheint. Dieses Fragment enthält aus systematischer Sicht das Ende des Systems (d.h. es entspricht dem Kapitel über den absoluten Geist in der Enzyklopädie).
In diesem Fragment, das uns unter dem Titel Fortsetzung des Systems der Ethik überliefert ist und dessen Manuskript verloren gegangen ist, fällt die klare Erkenntnis auf, zu der Hegel inzwischen gelangt ist, dass das höchste Moment im Leben des Geistes nicht die Religion, sondern die Philosophie ist und daher, in Umkehrung des Satzes des Systemfragments von 1800, nicht mehr die Philosophie mit der Religion enden muss, sondern letztere mit der Philosophie enden muss.
[Lesung des von Rosenkranz in seinem Leben von Hegel veröffentlichten Fragments].
Die Skizze, die Hegel hier von der Religionsgeschichte der Menschheit anbietet, ist von großer Bedeutung, weil sie verdeutlicht, was Hegels philosophisches Selbstverständnis im Entstehungsstadium seines philosophischen Systems war. Dieses Selbstbewußtsein ging dann im Laufe der Jahre und durch den erzwungenen Versuch des Philosophen, jeden Inhalt in die Zwangsjacke des Systems einzuschließen, teilweise verloren. Hier aber, wie auch in den anderen Schriften der Jenaer Zeit, haben wir das philosophische System in seiner ursprünglichen Formulierung, die auch seinen ursprünglichen Sinn, den tiefen, authentischen und damit wahren Sinn enthält, bevor historische, psychologische, soziale, familiäre usw. Einflüsse Hegel dazu brachten, die revolutionäre und innovative Tragweite seines eigenen Denkens teilweise abzuschwächen.
Im letzten Teil des Fragments taucht jenes Binom, jener Gegensatz, von dem die Konstruktion des Systems ausgegangen war, nämlich Religion und Würde, in klarer Form wieder auf. In der Tat macht Hegel hier deutlich, dass die dritte Epoche der Religionsgeschichte der Menschheit durch eine neue Religion konstituiert werden muss, die ein freies Volk bildet, wobei Freiheit bedeutet, die Kraft zu haben, den Schmerz der Spaltung zwischen dem Endlichen und dem Unendlichen, also den Schmerz des Todes, zu ertragen, während man auf dem eigenen Boden steht und sich auf die eigene Majestät, die eigene Kraft verlässt (also ohne Rückgriff auf einen fremden Gott). Dieses Wissen, diesen Schmerz zu verstehen (der die Welt in den letzten zwei Jahrtausenden beherrscht hat) und sich gleichzeitig über ihn zu erheben (Wiederkehr des Begriffs der "Erhebung", der dem Systemfragment eigen ist), kann, wie Hegel schlussfolgert, nur von der Philosophie geliefert werden.
Es ist also die Philosophie, und nur die Philosophie - Hegel bezieht sich hier offensichtlich auf sein eigenes, neu ausgearbeitetes philosophisches System -, die die für die Menschheit sehr wichtige und entscheidende Funktion erfüllen kann, die Religion, d.h. das Bedürfnis nach dem Absoluten, und die Würde, d.h. das Bedürfnis dieses Absoluten, den Menschen nicht zu erdrücken, sondern zu erheben, ihn eines unendlichen Wertes würdig zu machen, miteinander zu versöhnen.
Die Philosophie des absoluten Idealismus muss also diese sehr wichtige Aufgabe der Versöhnung von Religion und Würde erfüllen, und dies ist der authentische Sinn, die ursprüngliche und tiefe Bedeutung des Hegelschen philosophischen Systems. Dieses System stellt sich uns mit dem Anspruch vor, die Religion der dritten Phase der Religionsgeschichte der Menschheit zu sein, der Phase der Versöhnung des Menschen mit der Welt nach dem folgenden Schema:
erste Phase: ursprüngliche Versöhnung - das Absolute ist in der Welt, in der Materie - Polytheismus
zweite Phase: Spaltung - das Absolute ist außerhalb der Welt, in geistiger Form - Monotheismus
dritte Phase: Versöhnung - das Absolute ist in der Welt als Geist - Idealismus
Die Philosophie Hegels oder allgemeiner des absoluten Idealismus muss also die Grundlage sein, auf der die neue Zivilisation, die nächste Zivilisation, die des absoluten Idealismus, aufgebaut wird.
Dies muss die Aufgabe der Philosophen der Zukunft sein: Sobald das Absolute durch Hegel verstanden wurde, muss es verwirklicht werden.
Aber wie soll sich eine solche Zivilisation konstituieren? Was müssen die ethischen Werte sein, die ihr zugrunde liegen? Hegel hat uns nicht ohne Antwort gelassen, aber er hat uns auch gezeigt, welches Ziel zu verfolgen ist, wie die Umrisse einer philosophischen Zivilisation aussehen sollten, einer Zivilisation, die das Bedürfnis nach dem Absoluten und das Bedürfnis nach Menschenwürde miteinander in Einklang bringt.
Wir wollen sie gemeinsam betrachten, indem wir uns mit dem ethischen Teil des philosophischen Systems des absoluten Idealismus befassen.
§8 Der demokratische Charakter der Philosophie des absoluten Idealismus (Philosophisches System als absolute Demokratie)
Die bisher angestellten Überlegungen haben zu dieser zweifachen Schlussfolgerung geführt:
1. Die Philosophie des absoluten Idealismus ist wissenschaftlich fundiert, daher ist sie Wissen, episteme, nicht Meinung und doxa;
2. Die Philosophie des absoluten Idealismus ist die neue Religion im weitesten Sinne, die das Fundament der post-monotheistischen Zivilisation, der idealistischen Zivilisation, bildet.
Es geht nun darum, die grundlegenden Aspekte dieser neuen Art von Zivilisation zu ergründen.
So wie das gesamte theoretische Gerüst einer religiösen und philosophischen Konzeption nichts anderes ist, als eine Antwort auf die Frage "Wer bin ich?" in einem universellen Sinn zu geben (es ist das Absolute, das diese Frage durch den Menschen stellt), eine Frage, die sich der erwachsene Mensch sowohl auf der phylogenetischen als auch auf der ontogenetischen Ebene unweigerlich stellt, so enthält jede ernsthafte religiöse Konzeption und Philosophie auch einen eher ethischen Bereich, der eine Antwort auf die Frage "Was ist der Sinn meines Lebens" gibt. Auch hier handelt es sich nicht um die spezielle Frage des einzelnen Menschen, sondern um die auf philosophischer Ebene gestellte universelle Frage nach dem Sinn des menschlichen Lebens im Allgemeinen.
Es liegt auf der Hand, dass die Antwort, die ein religiöses und philosophisches System auf eine solche Frage geben wird, in engem Zusammenhang mit seiner theoretischen Struktur steht. Innerhalb des christlichen religiösen Systems kann die Antwort nicht umhin, mit Begriffen wie "Hilfe der Brüder", "Nächstenliebe", "sündloses Leben", "Hoffnung auf Erlösung" usw. zu tun zu haben, alles ethische Aspekte des Sinns des christlichen Lebens, die in engem Kontakt mit der christlichen Theorie stehen, die auf der Unterscheidung zwischen der irdischen, unvollkommenen Wirklichkeit und der himmlischen, vollkommenen Wirklichkeit beruht, nach der jeder Mensch streben muss.
Innerhalb des religiös-philosophischen Systems des absoluten Idealismus hat man es offensichtlich mit einer anderen Auffassung des Absoluten zu tun, die sich, wie erläutert, auf den Begriff des universalen Logos konzentriert, der der Welt immanent und im Menschen als ihr Wesen gegenwärtig ist.
Vom idealistisch-absoluten Standpunkt aus gesehen besteht ein ethisches Leben im Wesentlichen darin, in Achtung vor dem eigenen Wesen zu leben, also vor dem universellen schöpferischen und rationalen Logos, der in jedem von uns gegenwärtig ist.
Der erste absolute ethische Wert besteht also darin, zu schaffen, neue Dinge zu erfinden und zu verwirklichen und so die mechanische und notwendige Schöpfung der materiellen Natur frei fortzusetzen.
Unser Dichter C. Pavese hat dieses Konzept, das im Allgemeinen im Begriff der Arbeit verkörpert ist, meiner Meinung nach sehr treffend definiert:
"Arbeiten heißt, die Erde zu kleiden".
Nun denn, unsere erste Aufgabe aus ethischer Sicht ist es, die Erde, den Planeten, das gemeinsame Haus, das uns durch die Entwicklung der materiellen Natur gegeben wurde, zu kleiden.
Aber schon im Hinblick auf diesen ersten ethischen Wert, diese erste grundlegende und noch allgemeine, unbestimmte Bestimmung des Sinns des menschlichen Lebens, ergibt sich die Notwendigkeit, einen Begriff zu klären, den Begriff der "Aufgabe".
Unter diesem Begriff könnte man die Ethik des absoluten Idealismus als eine Reihe von Aufgaben, von Pflichten interpretieren, die der Menschheit sozusagen von oben auferlegt werden. Dies ist jedoch ein Missverständnis, das zum Kantianismus und nicht zum Hegelismus gehört.
In der Hegelschen Philosophie fallen nämlich Recht und Pflicht, Lust und Schuldigkeit zusammen, und zwar auf der Grundlage der theoretischen Konzeption des Logos als dem natürlichen Wesen des menschlichen Wesens.
Wenn unser Wesen, unser wahres Sein darin besteht, schöpferische und vernünftige Individuen zu sein, dann ist es offensichtlich, dass es unsere Verwirklichung, also unser Glück ist, als Schöpfer leben zu können, d.h. unser wahres Wesen verwirklichen zu können.
In der Tat erläutert Hegel in vielen Passagen seiner Werke, insbesondere in der Enzyklopädie und der Rechtsphilosophie, sowohl den Begriff der Identität von Recht und Pflicht als auch den des Glücks (als psychologische Implikation der wahren Freiheit, die gerade in der Verwirklichung des eigenen schöpferischen Wesens durch den Menschen besteht).
Die ethische Philosophie des absoluten Idealismus ist eine Philosophie des Glücks, der Befreiung und nicht der Begrenzung der Kreativität des Menschen, wie Hegel in mehreren bedeutenden, immer wiederkehrenden Passagen deutlich macht, die somit grundlegende Abschnitte seines eigenen philosophischen Systems darstellen.
Der Begriff der Freiheit spielt auch in dieser Frage eine zentrale Rolle. Frei" ist innerhalb des idealistisch-absoluten philosophischen Systems in der Tat ein Leben, das in der Verwirklichung des eigenen schöpferischen Wesens besteht, das ist die wahre Freiheit, die klar unterschieden wird vom freien Willen, der vielmehr nur die doppelte Möglichkeit ist, die jeder einzelnen Wahl des Menschen innewohnt.
Gewiss ist der freie Wille, d.h. die Möglichkeit der Wahl, eine Bedingung der wahren Freiheit, denn ohne die Freiheit als freien Willen könnte das Individuum nicht einmal die Tätigkeiten wählen, die es ihm ermöglichen, seine eigene Kreativität zu verwirklichen.
Auch Hegel hat diese Unterscheidung zwischen wahrer Freiheit und freiem Willen in all seinen ethischen Werken thematisiert.
Um jedoch eine angemessene und befriedigende Antwort auf die Frage nach dem Sinn des menschlichen Lebens in der Welt zu geben, reicht es nicht aus, diesen Sinn als Kreativität im Allgemeinen zu bezeichnen, sondern es ist notwendig zu spezifizieren, was der Mensch erschaffen soll, was die primären Ziele dieser schöpferischen Tätigkeit sein sollen.
Die Antwort, die Hegel nach der Ermüdung des Begriffs auf diese weitere Frage gibt, ist recht kompliziert, weil der Gegenstand selbst sehr kompliziert ist. Es ist daher notwendig, ihn langsam zu rekonstruieren.
Um eine Antwort auf diese Frage zu geben, ist es zunächst notwendig, den Begriff des Menschen, also des Geistes, zu analysieren. Der Geist wird in erster Linie durch eine materielle Konstitution gebildet, durch eine Basis, die nicht schöpferisch, sondern mechanisch ist. Das ist der biologische Aspekt des menschlichen Wesens. Dieser Aspekt hat in dem Bedürfnis nach Assimilation und Reproduktion seine beiden grundlegenden Elemente, das eine notwendig für das Überleben des Individuums, das andere für das Überleben der Art. Ohne die Befriedigung dieser beiden Grundbedürfnisse kann es kein Leben des Menschen und des Geistes geben.
Daher ist das Bedürfnis als solches der erste grundlegende Aspekt des Lebens des Geistes; es gehört zur Sphäre des subjektiven Geistes, die die noch natürlichen und unmittelbaren Aspekte des Geistes enthält, diejenigen, die seine bereits von der Natur gegebene Struktur ausmachen (z.B. Intelligenz, Gedächtnis, Gefühle, Erinnerungen usw.).
Offensichtlich ist es nicht möglich, auf dieser Grundlage ein freies und schöpferisches Leben zu begründen, denn die Bedürfnisse, sowohl in ihrem Auftreten als auch in ihrer Befriedigung, sind notwendig, d.h. sie werden dem Menschen auferlegt, der sie unter Androhung des Todes als Individuum oder als Gattung befriedigen muss.
Die Haltung des Menschen im Akt der Bedürfnisbefriedigung ist konsumtiv, nicht schöpferisch. Es gibt ein Objekt, die Welt, das konsumiert werden muss, und dieser Konsum ermöglicht das Überleben des Individuums. Die Welt, das Objekt, ist ein Mittel zum Zweck der Bedürfnisbefriedigung.
Solange der Konsum nicht geistige, sondern materielle Objekte betrifft, die sich nicht gegen ihren Konsum auflehnen, entstehen keine Probleme. Anders verhält es sich jedoch beim Konsum von Objekten, die aus anderen Menschen bestehen, die offensichtlich nicht Objekte, sondern Subjekte sind, die nicht Dinge, sondern Seelen sind.
Aber sowohl das Bedürfnis nach Assimilation (z.B. durch die unvermeidliche Konkurrenz um knappe Ressourcen) als auch mehr noch das Bedürfnis nach Reproduktion setzen das Subjekt direkt in Beziehung zu anderen Subjekten, die als Mittel zur Befriedigung seines Bedürfnisses dienen sollen.
So entsteht eine Subjekt-Subjekt-Beziehung, die zunächst auf einem wechselseitigen Bedürfnis beruht, in der aber jedes der beiden Subjekte das andere als Objekt, als Mittel, und nicht als Subjekt, als Zweck des eigenen Handelns, sieht.
Diese Situation enthält in sich einen offensichtlichen Widerspruch, da die beiden Subjekte eben Subjekte und nicht Objekte sind. Daraus ergibt sich ein Kampf um Anerkennung, d. h. die beiden Subjekte sind zwar durch ein gegenseitiges Begehren verbunden, treten aber dennoch in einen gegenseitigen Kampf ein, um als Subjekte, also als schöpferische Wesen und nicht als Objekte, Mittel, anerkannt zu werden.
Dieser Kampf durchläuft verschiedene Stadien, die durch das vorübergehende Nachgeben einer Seite und somit durch eine nur einseitige Anerkennung gekennzeichnet sind, um den letzten Moment zu erreichen, in dem, wenn die auf gegenseitigem Verlangen beruhende Bindung fortbesteht und nicht scheitert, eine Beziehung geistiger Art entsteht, in der die beiden Subjekte einander als solche anerkennen, sie sich nicht mehr als Mittel, sondern als Zweck betrachten, jedes die Verwirklichung des anderen zum Ziel hat und, da sie sich gegenseitig bedingen, jedes sich durch das andere selbst verwirklicht.
Dieses positive Ergebnis des Kampfes um Anerkennung ist das universelle Selbstbewusstsein, einer der grundlegenden Begriffe der Hegelschen Philosophie und einer der grundlegenden Aspekte des menschlichen Lebens.
Das universelle Selbstbewusstsein ist die geistige Struktur, die so die Familie, den Staat und jede andere Institution begründet, die die Menschen stabil zusammenhält. Innerhalb dieser selbsterkennenden Beziehung leben und handeln die Subjekte als solche, das heißt als freie und schöpferische Wesen; sie sind Zweck und nicht Mittel. Das rekognitive Selbstbewusstsein ermöglicht also den so genannten Übergang von der Natur zum Geist, den Sprung von einem Leben, das auf Notwendigkeit basiert, in dem man Sklave eines immer wiederkehrenden Bedürfnisses ist, zu einem Leben, das stattdessen auf Freiheit basiert, in dem das Bedürfnis jedoch in einer freien Handlung, einer Schöpfung, befriedigt wird.
Die Formen des erkennbaren Selbstbewusstseins, die das freie Leben des Menschen ermöglichen, sind die Institutionen des ethischen Lebens, der Sittlichkeit: die Familie, die Zivilgesellschaft und der Staat.
Die Familie ermöglicht die freiheitliche Befriedigung des wenn auch notwendigen Bedürfnisses nach Reproduktion.
Die Zivilgesellschaft ermöglicht die formlose Befriedigung des Bedürfnisses nach Assimilation.
Der Staat schließlich ist die Einheit von Familie und Zivilgesellschaft und repräsentiert als solcher das völlig freie universelle Selbstbewusstsein, den Geist, der sich als freies Wesen erkennt und sein Leben plant. Der Staat liegt also der Familie und der Zivilgesellschaft zugrunde und beruht ebenfalls auf einer Form der Anerkennung, die nicht intersubjektiv und zwischenmenschlich (horizontal) ist, sondern mit dem Absoluten, mit dem universellen rationalen Wesen, das den Geist ausmacht und sich selbst erkennen muss, bevor es sich selbst verwirklichen kann (vertikale Anerkennung).
Diese vertikale Anerkennung zwischen dem Menschen und dem in ihm vorhandenen Absoluten ist die grundlegende Form der Anerkennung, denn ohne sie kann es nicht einmal die intersubjektive Anerkennung geben. In der Tat können sich die Subjekte nur dann als frei, als Zweck erkennen, wenn sie den Geist als Freiheit, als Zweck kennen gelernt haben. Nur wenn sie einen Begriff vom Geist, vom Absoluten als Freiheit haben, können sie die Freiheit, die Geistigkeit im anderen Subjekt sehen und damit als solche erkennen.
Die vertikale Selbsterkenntnis des Geistes als in seiner Beziehung zum Absoluten begründet also die Staatlichkeit, d.h. die Art und Weise, wie die Subjekte sich selbst sehen, und diese begründet dann die intersubjektive Beziehung auf horizontaler Ebene, also den eigentlichen Kampf um Anerkennung.
Das Moment der Selbsterkenntnis des Geistes in seiner Beziehung zum Absoluten (die Selbsterkenntnis des Absoluten im Menschen) ist also die Grundlage der Ethizität und spielt somit eine sehr wichtige Rolle im Leben des Menschen. Man muss also verstehen, wie sie zustande kommt.
Die Sphäre des Geisteslebens, in der sich diese Erkenntnis vollzieht, ist die des absoluten Geistes. Es ist jener Moment im Leben des Geistes, in dem er sich seiner eigenen universellen Essenz bewusst wird. Nicht der individuelle Geist ist hier der Protagonist, wie im Falle des subjektiven Geistes, sondern der universale Geist, der Logos, der die gesamte natürliche und historische Wirklichkeit mit sich selbst durchdringt. Es ist dieser Logos, der sich selbst bewusst wird, der im Menschen entsteht. Er wird sich seiner selbst allmählich bewusst, in den Formen der künstlerischen Intuition, der religiösen Darstellung und der philosophischen Vorstellung. Die letztgenannte Form ist diejenige, die dem Logos vollständig entspricht, da sie die rationale Form ist.
Hegel hat aber auch an verschiedenen anderen Stellen seiner Philosophie eine andere Konzeption dieser Allmählichkeit geliefert, die mehr auf einer chronologischen Allmählichkeit als auf einer Vielfalt von Formen beruht.
Am wichtigsten ist in dieser Hinsicht das Fragment Fortsetzung des Systems der Ethik, in dem der schwäbische Philosoph eine Allmählichkeit der Selbsterkenntnis des Absoluten vorstellt, die sich in drei Stufen gliedern lässt, nämlich in Polytheismus, Monotheismus und Idealismus.
Diese unterschiedliche Konzeption der Gradualität - im System eher statisch, in verschiedenen Skizzen und Fragmenten sowie in den religions- und geschichtsphilosophischen Vorlesungen eher dynamisch - hängt mit der Schwierigkeit zusammen, diesen Abschnitt der Hegelschen Philosophie zu interpretieren, insbesondere bestimmte Themen wie den Tod der Kunst und auch den Tod der Religion, d.h. die Überwindung der letzteren durch die Philosophie.
Aus systematischer Sicht scheinen die drei Sphären tatsächlich nebeneinander zu existieren, während aus chronologischer Sicht im Gegenteil das Prinzip der Aufhebung zwischen ihnen zu herrschen scheint, wodurch am Ende nur die Philosophie übrig bleibt, obwohl sie das Wesen sowohl der Kunst als auch der Religion in sich trägt.
Von Interesse ist hier jedoch nicht so sehr das Verhältnis zwischen dem systematischen und dem zeitlichen Aspekt des absoluten Geistes, das in einem eigenen Seminar zu untersuchen wäre, sondern das Verhältnis zwischen der Sphäre des absoluten Geistes im Allgemeinen, also der Religion im weiten Sinne, und der Sphäre des objektiven Geistes, d.h. des Staates, in dem der gesamte objektive Geist aufgehoben ist.
In diesem Thema liegt einer der wichtigsten Begriffe der Hegelschen Philosophie, der für die heutige Welt wohl etwas Ungewöhnliches, aber auch etwas Grundlegendes darstellt. Es ist die Beziehung zwischen Philosophie/Religion auf der einen und Politik auf der anderen Seite.
In all seinen Werken und Schriften, in denen Hegel sich mit dem objektiven Geist und dem Geist auseinandersetzte, also in all seinen Philosophien des Geistes, aber auch z.B. in den Lineamenti di filosofia del diritto, spannte Hegel den Bogen zwischen den beiden Abschnitten objektiver Geist - absoluter Geist und beschäftigte sich immer mit dem Verhältnis von Staat und Kirche, im allgemeinen Sinne von Staat und Religion/Philosophie.
[Lesen einiger verwandter Abschnitte].
Was Hegel also in diesen wesentlichen Abschnitten seiner Philosophie bekräftigen will, ist, dass es keinen freien Staat, keinen authentisch demokratischen Staat geben kann ohne eine religiös-philosophische Anerkennung seiner Glieder in erster Linie mit dem Absoluten, also eine vertikale Selbsterkenntnis des Absoluten im Menschen, und, darauf aufbauend, eine horizontale intersubjektive Anerkennung der Gesellschaftsmitglieder unter sich.
Die Werte einer Gesellschaft, d.h. die ihren Mitgliedern gemeinsamen Prinzipien, beruhen genau auf dieser Anerkennung, und eine Gesellschaft wird nur dann ethisch sein, wenn sie auf ethischen Werten beruht. Dies ist die Bedeutung des Hegelschen Ausdrucks "ethischer Staat". Jeder Staat ist entweder ein unethischer Zusammenschluss von Gliedern, d.h. ohne horizontale Anerkennung, in dem jeder seine eigenen Interessen gegen die der anderen durchzusetzen sucht, oder er ist ein ethischer Zusammenschluss, d.h. in dem die Bürger sich als Zweck und nicht als Mittel sehen, indem sie sich gegenseitig als einen absoluten, geistigen Wert anerkennen, der höher ist als die bloße Materialität (sie erkennen sich als Subjekte und nicht als Objekte, als Zwecke und nicht als Mittel).
Nun ist es offensichtlich, dass von einem hegelianischen oder allgemein idealistisch-absoluten Standpunkt aus nur eine ethische Gesellschaft im soeben angedeuteten Sinne, d.h. gegründet auf horizontaler intersubjektiver Anerkennung, eine wahre Demokratie sein kann, eine Demokratie, die nicht auf dem freien Willen beruht, wonach jeder faktisch legitimiert ist, den anderen Menschen als Mittel zu betrachten, sondern auf wahrer Freiheit, die voraussetzt, dass man sich selbst und den anderen als Zweck betrachtet.
Das "Reich der Zwecke", wie Vater Kant es nannte, das ist der Demokratiebegriff, der im Zentrum der Hegelschen objektiven Philosophie des Geistes und ihres Grundbegriffs des ethischen Staates steht.
Die Abschnitte über das Verhältnis von Staat und Kirche erweisen sich dann als wesentlich, um die tiefere Bedeutung des Verhältnisses von Religion/Philosophie und Politik aus der Perspektive der Philosophie des absoluten Idealismus zu verstehen.
Versuchen wir nun, unseren Diskurs abzuschließen, indem wir zum einen das Gesagte zusammenfassen und zum anderen unsere Interpretation des Hegelschen Denkens mit der aktuellen weltpolitischen Situation vergleichen.
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