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PHILOSOPHIE FÜR ALLE
Lektion 5
Theorie des ’ich verstehe’
b. Die Vernunft als Einheit von Mensch und Natur,
Subjekt und Objekt
von
Marco de Angelis
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Einmal dass wir im vorherigen Kapitel klargestellt haben, dass wir die Welt verstehen können, was sowohl vom logischen als auch vom faktischen Standpunkt aus klar und eindeutig argumentiert werden kann, stellt sich die eigentliche Frage, die es zu beantworten gilt: Warum können wir zur Wahrheit gelangen bzw. wie und warum ist das möglich?
Die erste Überlegung, die diesbezüglich zu machen ist, basiert auf der Feststellung einer Gemeinsamkeit, die es zwischen Mensch und Natur, Subjekt und Objekt sowie Gedanken und Sein geben muss, um die Kenntnis zu ermöglichen. Wenn diese Entgegengesetzten nämlich jeweils komplett voneinander verschieden wären und es nichts Gemeinsames zwischen ihnen gäbe, wäre keine Erkenntnis möglich, es gäbe nämlich keine Schnittstelle zwischen den beiden Polen, keine Kommunikation, keinen Zugang des Subjektes zum Objekt, des Menschen zur Natur, des Gedankens zum Sein. Also muss es wohl etwas Gemeinsames geben, eine Verbindung, die eine Beziehung, eine Kommunikation ermöglicht.
Da die Erkenntnis mithilfe von Gedanken erfolgt, mithilfe der Vernunft, muss diese Gemeinsamkeit rationaler Art sein, ein Gedanke also. Die Naturgesetze z.B. sind etwas Rationales, etwas Regelhaftes, Erklär und Voraussehbares, was daher unserem Bedürfnis nach Rationalität und unserer Fähigkeit zum Denken entspricht. Jene Gesetze erklären Phänomene, und wenn wir sie anwenden, erlauben sie uns tatsächlich, in die Welt und ihre Prozesse einzugreifen. Also ist diese Rationalität der Naturgesetze nicht nur subjektiver Art, wie man sie in Physik und Chemiebüchern findet, sondern sie ist auch objektiv. Es gibt sie in der Realität. Kurz gesagt trägt die Natur, das Objekt, die Rationalität in sich, und deshalb kann der Mensch die Welt erkennen, weil seine Rationalität dieselbe ist wie die der Welt, der Natur.
Es gibt also Vernunft sowohl im Menschen als auch in der Natur, und das erklärt bereits das Faktum der Möglichkeit zur Erkenntnis und ihrer praktischen Anwendung, der Technik. Der Mensch versteht durch seine subjektive Vernunft die objektive Vernunft der Welt. Nur so kann die Kenntnis erklärt werden, nämlich durch den Begriff der Homogenität und eben nicht Heterogenität von Geist und Materie, Mensch und Natur, Vernunft und Welt, Gedanken und Sein.
Wenn wir nun unseren Standpunkt verlagern und unseren Blick auf die Problematik nicht mehr subjektiv aus der Perspektive des Erkennens sondern objektiv aus der Perspektive der Welt ausrichten, so werden wir merken, dass bei genauerem Hinsehen Subjekt und Objekt der Erkenntnis als eine einzige Sache zu betrachten sind, nämlich als Vernunft, allerdings in zwei verschiedenen Seinsformen: Die Natur ist die Vernunft in ihrer materiellen notwendigen, mechanischen und unbewussten Form; Der Mensch ist hingegen die Vernunft in ihrer geistigen, freien, finalistischen und bewussten Form.
So erklärt sich also das unanfechtbare Phänomen der Erkenntnis wie auch die Frage der Wahrheit: Wir können die Wahrheit über die objektive Welt erkennen, weil die Welt nicht anders ist als wir, sie ist rational genau wie wir. ‚Wahrheit‘ ist also nichts anderes, als beide Formen der Rationalität, die bewusste subjektive und die unbewusste objektive, in Übereinstimmung zu bringen. Die Homogenität zwischen Geist und Materie, Subjekt und Objekt erlaubt diese Übereinstimmung. Das Wichtigste ist nun zu verstehen, warum es diese Homogenität gibt.
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