*
2024a
(17. September)
*
Marco de Angelis
*
Referat für Filored
FernUni Hagen
*
Absolute Kontinuität zwischen Kant und Hegel
im Lichte der Ergebnisse der neuen Forschung über den jungen Hegel:
Hegel als Vollstrecker des philosophischen Testaments von ‚Vater Kant‘
*
1. Einleitende Bemerkungen zur Logik der Geschichte der Philosophie: Hegels Auffassung der Geschichte der Philosophie als ‚Kette‘ von philosophischen Systemen
Ziel dieses Referates ist es zu zeigen, dass Hegels philosophisches Denken eine unmittelbare Anwendung und Verwirklichung des philosophischen Denkens von „Vater Kant“ ist, wie die Studenten des Tübinger Stifts den Königsberger Meister damals nannten. Dabei handelt es sich nicht um eine subjektive Interpretation, sondern um ein objektives ’philologisches und philosophisches Faktum‘.
Ein ‚philologisches Faktum‘ deshalb, weil wir dank der gründlichen Untersuchungen der frühen Texte durch die Herausgeber des ersten Bandes der ’Gesammelten Werke’, insbesondere durch Friedhelm Nicolin, sehr genau wissen, dass sich im zentralen Text der Tübinger Zeit Hegels, dem Text 16, eine Stelle finden lässt, an der sich Hegels Argumentieren und somit seine Sprache deutlich verändern und grundlegende kantische Begriffe aufnehmen und zeigen. Diese Begriffe und Worte Kants, die Hegel jetzt verwendet, stammen aus dem Werk ’Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft’ (1792-93). Es handelt sich um eine so tiefgreifende und offensichtliche Veränderung der Sprache und Begrifflichkeit von Text 16, dass sie die Grundlage für seine Datierung bildet, wie wir sehen werden.
Ein ‚philosophisches Faktum‘ deshalb, weil diese philologische Grundlage es möglich macht, die gesamte philosophische Produktion Hegels, nicht nur die seiner Jugend, in einem neuen Licht zu lesen. Es wird in der Tat damit deutlich, wie der junge Gelehrte die Vision Kants einer „Vernunftreligion“ aufnahm und sein eigenes System in den folgenden Jahren eben als eine solche ’Vernunftreligion’ konstruierte. Somit erscheint uns Hegel als derjenige, der das kantische Ideal verwirklicht hat, sozusagen als dessen ‚Anwender‘ bzw. ‚Umsetzer‘, und seine Philosophie stellt sich uns als ’Vernunftreligion’ vor.
Mit den folgenden Überlegungen werde ich versuchen, diese zwei ’Fakten’ zu argumentieren und zu beweisen.
1.2 Objektivität in der Geschichte der Philosophie: Geschichte der Philosophie als Wissenschaft
Die Verwendung des Attributs ‚objektiv‘ in der Geschichte der Philosophie kann heutzutage im Westen einen Art ’Schock’ auslösen. Wir sind alle daran gewöhnt, zu denken, dass es im Fach Philosophie keine ‚Objektivität‘ gibt, sondern dass die subjektive Interpretation vorherrscht; wie in einer Pizzeria, wo man hingeht und sich jeder seine Lieblingspizza aussucht, so kann man sich in der Geschichte der Philosophie einen Philosophen beliebig aussuchen, dessen Philosophie dann man folgt.
Hingegen hat Hegel sein ganzes Leben daran gearbeitet, zu zeigen, dass die Philosophie eine Wissenschaft ist. Wo es Wissenschaft gibt, gibt es nur objektive, demonstrierte Wahrheit, keine subjektive Wahrheit. Das wissen wir eigentlich schon seit Parmenides. Auch wenn die Quelle der wissenschaftlichen Objektivität immer das Subjekt bleibt, so ist es doch nicht das individuelle Subjekt, das die Pizza nach seinem subjektiven Geschmack bestellt, sondern das universale logische Subjekt, Träger des Logos und der überindividuellen, absoluten Vernunft, zu dem sich das individuelle Subjekt erheben soll, wenn es echte Philosophie betreiben möchte.
Genau darin besteht in der Tat das Wesen der Philosophie und der Wissenschaft überhaupt, nämlich in der Erhebung von der individuellen subjektiven Vernunft, die in jedem von uns anders ist, zur universalen objektiven Vernunft, die stattdessen in der Vielfalt der Subjekte identisch ist (es handelt sich um die kategoriale Struktur, die Hegel in der Wissenschaft der Logik dargelegt hat).
Die folgenden Überlegungen gehen gerade von einer solchen Hegelschen Auffassung der Philosophie als Wissenschaft aus.
Hegel selbst hat in den "Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie", die er leider wegen seines plötzlichen Todes und vielleicht auch aus anderen Gründen nicht mehr selbst veröffentlichen konnte, das Grundprinzip einer als Wissenschaft verstandenen Geschichte der Philosophie klar erläutert.
Es handelt sich um das Prinzip, das wir als ‚dialektische Verkettung philosophischer Systeme‘ bezeichnen könnten, wie wir in dieser Textstelle lesen können:
"Nach dieser Idee behaupte ich nun, daß die Aufeinanderfolge der Systeme der Philosophie in der Geschichte dieselbe ist als die Aufeinanderfolge in der logischen Ableitung der Begriffsbestimmungen der Idee. Ich behaupte, daß, wenn man die Grundbegriffe der in der Geschichte der Philosophie erschienenen Systeme rein dessen entkleidet, was ihre äußerliche Gestaltung, ihre Anwendung auf das Besondere und dergleichen betrifft, so erhält man die verschiedenen Stufen der Bestimmung der Idee selbst in ihrem logischen Begriffe. Umgekehrt, den logischen Fortgang für sich genommen, so hat man darin nach seinen Hauptmomenten den Fortgang der geschichtlichen Erscheinungen; – aber man muß freilich diese reinen Begriffe in dem zu erkennen wissen, was die geschichtliche Gestalt enthält."
(Hegel, G.W.F.: Werke, Bd. 18, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, Einleitung, Bestimmung der Geschichte der Philosophie, S. 49, Suhrkampausgabe, Frankfurt am Main 1986, Link zur Ausgabe hier, Link zur Textstelle hier)
Das Wort ‚Kette‘ verwendet Hegel an einigen Textstellen in seinen Werken, z.B. in Bezug auf Herders Auffassung der Verkettung zwischen den kulturellen Errungeschaften der Menschheit, wie hier:
„Diese Taten des Denkens scheinen zunächst, als geschichtlich, eine Sache der Vergangenheit zu sein und jenseits unserer Wirklichkeit zu liegen. In der Tat aber, was wir sind, sind wir zugleich geschichtlich, oder genauer: wie in dem, was in dieser Region, der Geschichte des Denkens [sich findet,] das Vergangene nur die eine Seite ist, so ist in dem, was wir sind, das gemeinschaftliche Unvergängliche unzertrennt mit dem, daß wir geschichtlich sind, verknüpft. Der Besitz an selbstbewußter Vernünftigkeit, welcher uns, der jetzigen Welt angehört, ist nicht unmittelbar entstanden und nur aus dem Boden der Gegenwart gewachsen, sondern es ist dies wesentlich in ihm, eine Erbschaft und näher das Resultat der Arbeit, und zwar der Arbeit aller vorhergegangenen Generationen des Menschengeschlechts zu sein. So gut als die Künste des äußerlichen Lebens, die Masse von Mitteln und Geschicklichkeiten, die Einrichtungen und Gewohnheiten des geselligen und des politischen Zusammenseins ein Resultat von dem Nachdenken, der Erfindung, den Bedürfnissen, der Not und dem Unglück, dem Wollen und Vollbringen der unserer Gegenwart vorhergegangenen Geschichte sind, so ist das, was wir in der Wissenschaft und näher in der Philosophie sind, gleichfalls der Tradition zu verdanken, die hindurch durch alles, was vergänglich ist und was daher vergangen ist, sich als, wie sie Herder genannt hat, eine heilige Kette schlingt und [das,] was die Vorwelt vor sich gebracht hat, uns erhalten und überliefert hat.“
(Hegel, G.W.F.: Werke, Bd. 18, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, Einleitung, Bestimmung der Geschichte der Philosophie, S. 21, Suhrkampausgabe, Frankfurt am Main 1986, Link zur Ausgabe hier, zur Textstelle hier)
Dank dieser rigorosen Auffassung der logischen und nicht nur historischen Beziehungen zwischen den philosophischen Systemen konnte uns Hegel eine wissenschaftliche Geschichte der Philosophie liefern, die nicht subjektiv, sondern objektiv ist, geschrieben von einem authentischen, zur absoluten Vernunft erhobenen Philosophen und nicht von irgendeinem Denker, der sich noch in der Sphäre seiner eigenen subjektiven Vernunft bewegt.
(Anmerkung 1: Die wissenschaftliche Grundlage für diese Überlegung findet sich in der "Wissenschaft der Logik", in der Hegel die logische Abfolge der Kategorien präzise als eine Kette darstellt. Jede Kategorie folgt auf die vorhergehende, so wie in einer Kette jeder Ring auf das vorhergehende folgt, mit dem es untrennbar verbunden ist. Link hier).
1.3 Die ‚Andockpunkte‘ einer Kette
1: Andockpunkt Kant Hegel
2: Andockpunkt Hegel Marx/Engels
Das Bild einer Kette kann uns sehr nützlich sein, um die philosophische Beziehung zwischen Kant und Hegel bildlich zu repräsentieren. Wenn wir sie als zwei Ringe in der Kette der Geschichte der Philosophie betrachten, können wir den Punkt finden, an dem sich die beiden Ringe berühren, den „Andockpunkt“. Offensichtlich muss dieser der objektive „Andockpunkt“ sein, wo die Übergabe des ‚heiligen Schatzes der Wahrheit‘ vom älteren zum jüngeren Philosophen stattgefunden hat.
Wir wollen uns nun auf der Suche nach dem ‚Andockpunkt‘, wie die Übergabe des ‚heiligen Schatzes der Wahrheit‘ von Vater Kant an dem Sohn Hegel stattgefunden hat.
2. ’Philologisches Faktum’ der Kontinuität zwischen Kant und Hegel (Kant-Hegel Andockpunkt)
2.0 Wichtigkeit der Ausgabe der Gesammelten Werke Hegels
(Hegel, G.W.F.: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft, hrsg. von der RheinischWestfälischen Akademie der Wissenschaften. Hamburg 1968 ff., Sigle = GW; Link hier)
Das Erscheinen der wissenschaftlichen Edition von Hegels Manuskripten und publizierten Werken markiert einen Wendepunkt in der Interpretation der Hegelschen Philosophie, insbesondere im Hinblick auf die Entstehung des Systems in den Jahren 1785 bis 1806, als mit dem Manuskript zur LogikMetaphysik von 1804/05 (GW7, Systementwurf II) und dem zur Philosophie der Natur und des Geistes von 1805/06 (GW8, Systementwurf III) das vollständige, wenn auch noch nicht endgültige philosophische System Hegels vorliegt. Der Philosoph fügte später verschiedene Details in die einzelnen Kapitel ein, deren philosophische Grundbegriffe jedoch alle schon 1806 vorhanden waren.
Die Jenaer Manuskripte wurden jedoch durch eine intensive geistige Arbeit vorbereitet, die gut zwanzig Jahre dauerte, seit Hegel noch das Gymnasium besuchte, und die nach und nach immer intensiver und tiefgründiger wurde. Da aber fast alle diese Manuskripte von Hegel unveröffentlicht blieben sowie zum Teil nur fragmentarisch sind, war die wissenschaftliche Edition entscheidend für ihr Verständnis, ja sogar grundlegend für das Verständnis nicht nur der Entstehung, sondern auch des tiefen Sinnes des Systems.
Während bei Werken, die Hegel zu Lebzeiten veröffentlicht hat, die wissenschaftliche Edition nicht besonders relevant ist, weil ihr Text aufgrund der Tatsache, dass er veröffentlicht wurde, eine eigene, etablierte Objektivität hat, ist bei solchen Manuskripten andererseits die Bestimmung des Textes selbst sowie die Chronologie der verschiedenen Texte, die uns überliefert sind, sehr problematisch, und nur dank der wissenschaftlichen Edition haben wir heute einen Korpus von Hegels Schriften von 1785 bis 1806, der eine gewisse wissenschaftliche Zuverlässigkeit hat. Vor dieser Veröffentlichung tappten wir noch im Dunkeln, und ein wirkliches Verständnis der Entwicklung des Systems, seiner Entstehung und damit auch seiner tiefen und authentischen Bedeutung blieb uns teilweise verwehrt.
2.1 ‚Das philologische Faktum‘: Die Textstelle GW1 99,29 von Text 16 (Bogen ‚h‘) als Beweis des entscheidenden Einflusses von Kant auf die Bildung von Hegels philosophischem Lebensideal
(Anmerkung 2: Es muss von Hegels ’Lebensideal’ und nicht nur ’Jugendideal’ die Rede sein, da Hegel das ganze Leben lang und nicht nur in seiner Jugend an dem Projekt einer Vernunftreligion arbeitete, wie wir sehen werden. Auch in Hegels Leben lässt sich eine ’dialektische Kontinuität’ eindeutig rekonstruieren. Link hier).
Diese wissenschaftlichen Erkenntnisse sind vor allem den Arbeiten von Friedhelm Nicolin zu verdanken. In seinem 1988 erschienenen Aufsatz "Verschlüsselte Losung. Hegels letzte Tübinger Predigt" hob der Hegel-Forscher die unbestreitbare Präsenz wichtiger Begriffe der Religionsschrift in einer der Predigten Hegels im Stift hervor (es handelt sich insbesondere um die vierte Predigt, die jetzt als Text 11 in GW1 veröffentlicht ist).
(Nicolin, F.: Verschlüsselte Losung. Hegels letzte Predigt. In: Philosophie und Poesie. Otto Pöggeler zum 60. Geburtstag, hrsg. von Annemarie Gethmann-Siefert, Stuttgart 1988, Bd. 1, p. 367399; Link hier)
Der Text der Predigt ist auf den 16. Juni 1793 datiert und ist daher mehr oder weniger zeitgleich mit der Abfassung von Text 16 (oder zumindest einem Teil davon), dem zentralen Text unter den fünfzehn, die Hegel zwischen dem Ende seiner Periode in Tübingen und das erste Jahr seines Schweizer Aufenthaltes geschrieben hat.
(Anmerkung 3: Es sind die Texte 12-26 von GW1. Link hier)
Dieser Text hat zu unserem Glück die unglücklichen Ereignisse seines Nachlasses überstanden.
(Anmerkung 4: Siehe darüber Henrich Dieter / Becker Willi Ferdinand: Fragen und Quellen zur Geschichte von Hegels Nachlaß. In: Zeitschrift für philosophische Forschung. Band 35. Heft 3/4. 585s.; Link hier)
Die durch die Rekonstruktion der Quellen der vierten Predigt erzielten Ergebnisse konnte Nicolin daher auch auf die Rekonstruktion der Quellen dieses Textes ausdehnen. In den entsprechenden Anmerkungen in GW 1 hat er, zusammen mit Gisela Schüler als Mitherausgeberin, tatsächlich für einige Passagen des Hegelschen Textes die entsprechenden Passagen im Kantischen Text eindeutig identifiziert.
Nicolin hat auch hervorgehoben, dass der Vergleich von Hegel und den anderen Stiftlern mit der Religionsschrift unmittelbar nach dem Erscheinen dieses Werkes im Jahr 1793 stattfand.
Weiterhin sei hinzugefügt, dass die Herausgeber von GW1 in verschiedenen dokumentierten Anmerkungen hervorheben, dass zahlreiche Stellen der Hegelschen Texte direkt mit den Kantischen Schriften und insbesondere mit der Religionsschrift in Verbindung zu bringen sind.
Beispielsweise lesen wir bei der Anmerkungen zu 99,29 im Text 16:
„Hegels Gedanken und Begriffe sind hier durch diese Schrift von Kant so deutlich bestimmt, dass wir daraus einen Hinweis für die Datierung des Textes 16 erhalten.“
(GW 1, Editorischer Bericht, S. 566)
Die Bedeutung von Kants religionsphilosophischer Schrift für die Abfassung der frühen Texte Hegels und insbesondere des zweiten Teils des Textes 16 ist daher so deutlich und die expliziten Bezüge zu Kant so zahlreich, dass man durch sie sogar für Datierung einiger dieser Texte verwenden kann, als wären sie ein Kommentar des jungen Hegels zu Kants Religionsschrift!
Das ‚philologische Faktum‘ besteht also in der Umwandlung der Begriffe und der Sprache Hegels ab der Textstelle GW1, 99,29. Dabei handelt es sich um keine subjektive Interpretation, sondern um eine objektive Tatsache, die durch eingehende philologische Studien ausführlich belegt ist.
Die vollständige Textstelle ab 99.29, womit er Bogen ’h’ des Manuskripts beginnt, lautet:
„Wenn zwischen reiner Vernunftreligion, die Gott im Geist und in der Warhheit anbetet, und seinen Dienst nur in die Tugend sezt - und zwischen dem FetischGlauben, der sich bei Gott auch noch durch etwas [anderes] als einen an sich guten Willen, beliebt machen zu gönnen glaubt - ein so weiter Unterschied ist, daß dieser im Gegensaz gegen jene gar keinen Werth hat, daß beide von ganz verschiedener Gattung sind, und so wichtig es für die Menschheit ist, diese immer mehr zur VernunftReligion hinzuführen, und den FetischGlauben zu verdrängen, so fragt es sich, da eine allgemeine geistige Kirche nur ein Ideal der Vernunft bleibt - und da es nicht möglich ist, daß eine öffentliche Religion etablirt werden könnte, die alle Möglichkeit, FetischGlauben daraus zu ziehen benähme - wie eine Volksreligion im allgemeinen eingerichtet seyn müsse, um a) negativ so wenig als möglich Veranlassung zu geben an dem Buchstaben und den Gebräuchen hängen zu bleiben und b) positiv - daß das Volk zur VernunftReligion geführt, Empfänglichkeit dafür bekäme.“
(GW1, S. 99,29 - 100,12)
2.2 Die Umwandlung in Hegels Auffassung der Volkreligion: von der Religion als ‚Sache des Herzens‘ zur Religion als ‚Sache der Vernunft‘
Inhaltlich ist erwähnenswert, dass zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Texte eine Umwandlung in den religionsphilosophischen Grundlagen des Denkens Hegels und insbesondere in seiner Idee einer ‚Volksreligion‘ eingetreten ist.
Tatsächlich vertreten die Texte vor der Stelle GW1 99,29 eine Auffassung der Volksreligion als eine „Sache des Herzens“, während die darauffolgende Texte betrachten die Volkreligion als eine ‚Sache der Vernunft‘.
Dies bedeutet, dass das Herz der Menschen nicht reicht, um ein ethisches Verhalten zu begründen und zu garantieren. Dazu ist es nötig, eine „Verbesserung des Herzens“ zu befördern, wie sich Hegel, Kant folgend, ausdrückt. Zu diesem Zweck ist eben eine Vernunftreligion nötig, als eine Religion, die den ‚aufgeklärten Zeiten‘ adäquat sein kann.
2.2.1 Hegels Auffassung der Volksreligion als ‚Sache des Herzens‘ vor der Textstelle 99,29
Die Auffassung der Religion als ‚Sache des Herzens‘, die den Texten vor der Stelle 99,29 zugrunde liegt, gründete sich auf Rousseau. Wir wissen durch das Zeugnis von einem ehemaligen Studienkameraden Hegels, Leutwein, dass er sich in den ersten vier Jahren seines Studiums in Tübingen vornehmlich mit Rousseau beschäftigt hatte, der „sein Held“ war:
(Anmerkung 5: Christian Philipp Friedrich Leutwein, Link hier)
„Allein während der vier Jahre unsere Familiarität war Metaphysik Hegels Sache nicht sonderlich. Sein Held war Jean Jacques Rousseau, in dessen Emil, contrat social, confessions“.
(In: Henrich, Dieter: Leutwein über Hegel. Ein Dokument zu Hegels Biographie, Hegel-Studien Vol. 3 (1965), pp. 39-77, die zitierte Stelle befindet sich auf S. 56; Link hier)
Dabei bezieht er sich genau auf die Zeit vor der Stelle 99,29, also auf die ersten vier Jahre von Hegels Aufenthalt in Tübingen:
„Allerdings stand Hegel vier Jahre lang während seines Aufenthalts im Stifte mit mir auf so vertrautem Fuße, wie mit keinem andern. Ich war eine Promotion vor ihm. Von seinem fünften akademischen Jahre kann ich folglich nichts mehr sagen.“
(Ebd., S. 53)
Das überrascht uns aber nicht, denn Rousseau der Philosoph der Revolution war und wir wissen sehr wohl, dass Hegel, wie auch seine engen Freunde Schelling und Hölderlin, allesamt Anhänger der Revolution waren, sie unterstützten sie und erwarteten Großes für die Menschheit von diesen französischen revolutionären Bewegungen. Hegel hatte vom ersten Augenblick an eine Haltung der Offenheit gegenüber der Revolution. Unter seinen besten Freunden im Stift waren viele aus Montbéliard und Colmar. Viele Widmungen in seinem Stammbuch wurden von diesen französischen Studenten verfasst.
Dabei handelt sich um die Zeit von 1788 bis 1792, die in der Forschung,als die ‚dunkle Jahre‘ von Hegels Entwicklung gekennzeichnet wurden (Henrich, Ripalda).
Auf die mangelnde Kenntnis dieser Jahre der geistigen Jugendentwicklung Hegels und gleichzeitig auf die enorme Bedeutung dieser Zeit für die Herausbildung seiner Philosophie hatte schon 1965 Dieter Henrich auf Seite 39 von seinem Aufsatz über Leutwein hingewiesen:
„Hegels Jugendgeschichte ist noch nicht hinreichend aufgeklärt worden. Für mehrere Jahre seines Studiums in Tübingen besitzen wir von seiner eigenen Hand keine Dokumente. Denn das erste Manuskript der Schriften, die Nohl herausgegeben hat, entstand im letzten Jahr der theologischen Studien (1792/3), während die Überlieferung aus der Stuttgarter Gymnasialzeit, die nicht ganz spärlich ist, mit einem Aufsatz aus der Zeit endet, in der sich Hegel im theologischen Stift gerade einrichtete. Zwischen beiden hat Hegel eine tiefgehende Wandlung erfahren und den Weg begonnen, der ihm eigentümlich ist. Auf ihm ist er zum Philosophen geworden.“
Fünfundzwanzig Jahre später hat Ripalda in seinem Aufsatz "Aufklärung beim jungen Hegel" diese Problematik noch einmal aufgegriffen, indem er die Erforschung dieser Jahre als „immer noch ein Desiderat“ der Hegel-Forschung bezeichnete:
„Vieles bleibt beim frühen Hegel, vor allem in den dunklen Jahren der großen Veränderung zwischen 1789 und 1792, noch zu erforschen; eine Integration der verschiedenen Komponenten Wissenschaft, Poesie, Politik, Philosophie, Theologie in den historischen Hintergrund und untereinander ist immer noch ein Desiderat.“ (S. 126)
(In: Jamme, C. - Schneider, H.: Der Weg zum System. Materialien zum jungen Hegel; Frankfurt a. M. 1990, S. 126)
Ripaldas Kennzeichnung dieser Zeit als die ’dunklen Jahre’ der geistigen Entwicklung Hegels scheint also den Stand unserer diesbezüglichen Kenntnis treffend zusammenzufassen.
Grund dafür ist eine nicht zufällige philologische Lücke in der Überlieferung der Manuskripte. Sie wurden offensichtlich von Hegels Witwe und den Söhnen vernichtet, um „ein frommes Bild“ von Hegel der Nachwelt zu überlassen, wie Henrich und Becker in ihrem erwähnten Aufsatz auf der Grundlage der Untersuchung der Korrespondenz zwischen der Witwe und den Sohnen nach dem Tod Hegels überzeugend rekonstruiert haben.
(Anmerkung 6: Diesbezüglich weise ich hier auf mein 1995 erschienenes Buch hin. Darin habe ich versucht, Hegels Gedankenwelt in den ‚dunklen Jahren‘ trotz der spärlichen Manuskripte durch den Vergleich zwischen den Texten vor 1789 und nach 1792 zu rekonstruieren. Link hier).
2.2.2 Hegels Auffassung der Volksreligion als ‚Sache der Vernunft‘ nach der Textstelle 99,29
Kants Religionsschrift erschien im April 1793, so dass diese philologischen und chronologischen Hinweisen wunderbar zusammenpassen: Bis 1792, also in seinem vierten Jahr in Tübingen, vertrat Hegel, Rousseau folgend, eine Auffassung der Religion als ‚Sache des Herzens‘ (wie von Leutwein bezeugt); ab Frühjahr-Sommer 1793 unter dem Einfluss der Religionsschrift übernahm er Kants Auffassung, dass eine Vernunftreligion den Menschen dabei helfen soll, das Gute umzusetzen. Dazu ist das Herz allein nicht in der Lage, da es viele Menschen gibt, in denen der ‚Hang zum Bösen‘ ‚den Hang zum Guten‘ übersteigt. Die Vernunftreligion soll das richten und die ‚Wiederherstellung des Hangs zum Guten‘ ermöglichen.
(Kant, Immanuel: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Link hier)
Ab dieser Textstelle und Zeitpunkt vertritt Hegel Kants Vision einer Vernunftreligion als Lösung der Problematik einer für aufgeklärte Zeiten adäquaten Volksreligion. In aufgeklärten Zeiten kann die Religion nur als Vernunftreligion gerettet werden.
(Anmerkung 7: Die Problematik der ’Rettung der Religion’ nach der Postulatenlehre Kants war im damaligen Deutschland und insbesondere im Tübinger Stift absolut zentral. Für viele Theologe ging es darum, eine Form der Religion zu finden, die die Aufklärung überstehen konnte. Insbesondere der Philosophiedozent Johann Friedrich Flatt hatte sehr viel Erfolg bei den Studenten mit seiner Kantkritik. Hegel behandelt diese Problematik im Text 12, der als die Grundlage aller anderen Tübinger Texte sowie seiner gesamten philosophischen Produktion zu betrachten ist. Link hier).
Die Vernunftreligion soll Kants Meinung nach aus dem Prozess der Bereinigung der historischen Religionen resultieren, da diese im Laufe der Zeit auf Grund des Fortschritts der menschlischen Vernunft ihre fetischistischen und abergläubigen Seiten immer mehr ablegen werden, bis es am Ende dieses Prozesses eine einzige Vernunftreligion auf der Welt herrschen wird. Die Vernunftreligion wird die Herzen und die Geister der Menschen in einer universellen, unsichtbaren Kirche vereinigen und eine Weltgemeinde der ethisch handelnden Menschen begründen und ermöglichen. In dieser wird das Prinzip des Guten über das Prinzip des Bösen siegen.
Von dieser Zeit an (Frühjahr 1793) bildet dieses kantische Ideal der „unsichtbaren Kirche“ das unauflösliche Band, das Hegel mit Schelling und Hölderlin sowie anderen Stiftlern, die ebenfalls Anhänger des religionsphilosophischen Denkens von Vater Kant waren, vereinigte. Sicherlich haben diese jungen Menschen auf unterschiedliche Weise zu dem beitragen, was Schelling in einem seiner Briefe an Hegel als „gute Sache“ bezeichnete.
(Anmerkung 8: Hier ist die Stelle, wo sich Schelling über die ’gute Sache’ äußert, an der sich Hegel anschliessen soll: "In der Tat, ich glaube von Dir fordern zu dürfern, daß Du Dich auch öffentlich an die gute Sache anschließt." Es handelt sich um den Brief von Schelling an Hegel vom Januar 1796, in: Briefe von und an Hegel, Hrsg. von Hoffmeister, J. und Nicolin, F., Hamburg 1952, 4 Bände, Bd.1, S. 35)
Um diese ’gute Sache’ inhlatlich besser zu verstehen, ist eine Textstelle sehr aufschlussreich, die sich in dem Brief befindet,den Hegel an Schelling ein Jahr davor, am Ende Januar 1795, geschrieben hatte:
"Das Reich Gottes komme, und unsre Hände seien nicht müßig im Schoße! [...] Vernunft und Freiheit bleiben unsre Losung, und unser Vereinigungspunkt die unsichtbare Kirche."
(Ebd., S. 18)
Wir haben hier das Wort ’Losung’, worauf Nicolin seinen Aufsatz geschrieben hat, und eine eindeutige religionsphilosophische Perspektive im Zeichen der Religionsschrift Kants.
Leider wird diese Vielfalt der Modalitäten sowie das praktische Bedürfnis, Karriere zu machen und sich beruflich zu behaupten, später zum Bruch zwischen Hegel und Schelling führen, bzw. im Falle Hölderlins die enorme Diskrepanz zwischen diesem Ideal und der wirklichen Realität der Zeit den Verlust des geistigen Gleichgewichts verursachen.
Dennoch ist es genau dieses Ideal, diese gemeinsame Losung, wie sie Nicolin benannt hat, die es ihnen erlaubte, unvergessliche Seiten in der Geschichte der Philosophie zu schreiben, wie zum Beispiel einige Jahre später „Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus“, auf das wir Nachfolger in Momenten der Verzweiflung immer wieder zurückgreifen können, z.B. angesichts der heutigen blutigen Welt, die, wie es scheint, nach mehr als zweihundert Jahren noch nichts von der Schaffung einer „unsichtbaren Kirche“ wissen will.
Allerdings "eppur si muove", würde Galileo Galilei sagen, "Sie bewegt sich doch"! Wir sollen daran glauben, wie diese jungen Leute es taten. Die Geschichte, wie die Natur, bewegt sich. Natürlich braucht sie ihren eigenen Zeitrahmen, der viel länger ist als der eines einzelnen Menschenlebens, und deshalb sind wir manchmal verzweifelt, weil unsere Zukunftsvision notwendigerweise viel kürzer ist als der Zeitrahmen der Geschichte. Aber das kantische Ideal und das Ideal dieser jungen Menschen werden siegen, so wie Galilei und Bruno in ihrem Kampf gegen den Dogmatismus siegten. Die Wahrheit siegt immer, weil sie nicht vom Menschen, sondern vom Absoluten stammt, braucht aber ihre Zeit.
2.2.3 Hegels eigener Weg in der Stiftung einer neuen Religion als Vernunftreligion: die Texte 25 und 26 (1793-94)
Die von Kant ist eine eschatologische, auch schon phänomenologische Vision, wenn wir so wollen, die Hegel teilt, allerding mit einem Unterschied. der bald auftauchen wird: In den Texten, die er am Ende dieser Zeit, schon 1794 in Bern, verfasste, zeigt Hegel den eindeutigen Willen, eine solche Vernunftreligion selbst stiften zu wollen. Er teilt also Kants Meinung nicht, dass sich die Entwicklung hin zu einer Vernunftreligion fast von selbst ereignen wird. Hegel ist jung und macht das Ideal der ‚unsichtbaren Kirche’ sowie der Stiftung einer Vernunftreligion zur eigenen Lebensaufgabe. Darauf wird er seine eigene Identität als Philosoph und insbesondere als ‚Religionsphilosoph‘ aufbauen.
(Anmerkung 9: Dieter Henrich hat in seinem Buch "Werke im Werden" gezeigt, wie authentische, originelle Philosophien in den jungen Jahren eines Philosophen entstehen und wie sich oft Konstellationen von Freunden und Studienkameraden bilden, deren Seelen sich von gemeinsamen Idealen ernähren. In unserem Fall z.B. wäre die Konstellation Hegel-Schelling-Hölderlin. Link hier).
Um dies zu begreifen, sollen wir den zweiten Teil vom Text 16 unter die Lupe nehmen sowie die nachfolgenden Texte.
Es ist z.B. nachweisbar, dass der zweite Teil von Text 16, insbesondere das Blatt (Bogen) ‚h‘, direkt mit dem vierten und letzten Teil der Kantischen Schrift verbunden ist.
Am Anfang dieses Blattes stellt Hegel, sich in deutlich kantischer Terminologie ausdrückend, die Vernunftreligion dem fetischistischen Glauben entgegen und stellt abschließend fest, dass "...so wichtig es für die Menschheit ist, diese immer mehr zur VernunftReligion hinzuführen", wie wir oben gelesen haben.
In den folgenden Zeilen stellt Hegel nach weiteren Überlegungen zu Kants Religionstheorie die Frage „wie eine Volksreligion im allgemeinen eingerichtet seyn müsse“, damit sie diese beiden Zwecke erreichen kann:
- sie soll verhindern, dass sich der fetischistische Glaube unter den Menschen ausbreitet (negativer Zweck) (S. 100,9-10);
- sie soll die Menschen zu einer Vernunftreligion führen (positiver Zweck) (S. 100,11-12).
Diese Position, die Hegel gegenüber Kant einnimmt, zeigt ohne jeden Zweifel, dass Hegel, bevor er den Bogen ‚h‘ schrieb, die kantische Schrift nicht nur gelesen, verstanden und aufgenommen, sondern sie auch weitergedacht hat. Er entwickelt Kants Religionsphilosophie genau dort weiter, wo der Philosoph von Königsberg am Ende des dritten Teils der Religionsschrift aufgehört hatte.
Auf Grund dieser Überlegung wird deutlich, was Hegel meint, wenn er in den Briefen vom Januar 1795 und vom 16. April desselben Jahres an Schelling schreibt, er arbeite derzeit an einer „Vollendung“ der Philosophie Kant, dessen Fertigstellung in Kürze in Deutschland eine Revolution hervorrufen soll.
Hegel an Schelling (Ende Januar 1795)
"Seit einiger Zeit habe ich das Studium der Kantischen Philosophie wieder hervorgenommen, um s[eine] wichtige[n] Resultate auf manche uns noch gang und gäbe Idee anwenden zu lernen oder diese nach jenen zu bearbeiten."
(In: Briefe, S. 16)
und am 16. April 1795 präzisiert er diese ’Anwendung’ mit eindeutigen Worten:
"Vom Kantischen System und dessen höchster Vollendung erwarte ich eine Revolution in Deutschland, die von Prinzipien ausgehen wird, die vorhanden sind und nun nötig haben, allgemein bearbeitet, auf alles bisherige Wissen angewendet zu werden."
(In: Briefe, S. 23-24)
Genau das tut Hegel nämlich ab der Stelle 99,29 vom Text 16: Er wendet die Ergebnisse, zu denen Kant gelangt ist, auf seine eigene Auffassung von Volksreligion an. Diese „Anwendung“ ist zugleich eine „Volledung“, ein „Weiterdenken“, weil er damit das zu realisieren versucht, wovon Kant in Kapitel V des dritten Teils Abstand genommen hatte, nämlich den Schritt von dem theoretischen Verständnis der Vernunftreligion zur praktischen Entscheidung ihrer Gründung.
Durch die Konzeption einer möglichen Übereinstimmung zwischen historischem Glauben und rationaler Religion suchte Kant einen Ausweg aus dieser notwendigen Konsequenz seiner eigenen Theorie, da es ihm unmöglich schien, eine solche Religion wirklich begründen zu können. Deshalb hat er sich auf den gefährlichen Weg des „Kompromisses“ zwischen Vernunftreligion und historischem Glauben begeben. Dieser Weg verursachte seiner Theorie jedoch nur Probleme und Hindernisse, wie z.B. diejenigen, die er selbst im vierten Teil bespricht (Legalität, Fetischismus, Aberglaube, Anthropomorphismus usw.).
Kant hätte den Schluss ziehen sollen, dass die Aufgabe seiner Zeit und damit auch seiner in erster Person darin bestand, die Menschen zu erziehen und sie damit zu der Sittlichkeit durch die reine Vernunftreligion zu führen. Hätte er diesen Schritt getan, wäre er der Begründer der wahren Religion, also der „unsichtbaren Kirche“ und des Reiches Gottes als der sittlichen Gesellschaft der Menschen, ihres gemeinsamen ethischen Wesens gewesen.
Kant hatte diese Veranlagung jedoch nicht: Er war ein großer Theoretiker, aber kein Volkserzieher! Hegel hingegen hatte diese Veranlagung, denn es ihn seit der Stuttgarter Zeit die Frage bewegte, wie es möglich sei, ein ganzes Volk aufzuklären (Theorie der Volksreligion).
Tatsächlich denkt Hegel nicht an die Möglichkeit einer Übereinstimmung des historischen Glaubens mit der reinen Vernunftreligion: Er weiß tatsächlich, dass dies nicht möglich ist. Deshalb setzt er Kants Programm fort und macht sich zum Träger der Aufgabe, das Volk zur Vernunftreligion zu führen. Die soeben zitierten Sätze aus dem Blatt ‚h‘ und insbesondere ihr nicht abstrakt theoretischer, sondern äußerst praktischer Charakter beweisen dies in unwiderlegbarer Weise.
Besonders wichtig sind diesbezüglich aber die Texte 25 und 26, die letzten Texte dieser Gruppe, die Hegel schon in Bern zwischen Ende 1793 und 1794 verfasste.
Im Text 25 rechnet Hegel mit der christlichen Religion definitiv ab. Sie ist untauglich, eine Vernunftreligion zu werden. In diesem Text werden von Hegel die Ergebnisse seiner Überlegungen über das Christentum, die er auch im Text 24 führt, systematisiert und zusammengefasst. Aus diesem Grund kann dieser Text als Hegels ’Abrechnung’ mit dem Christentum gelten.
Nachdem er die wichtigsten Gesichtspunkte aufgelistet hat, unter denen eine Religion betrachtet werden kann, setzt sich Hegel in diesem Text mit der grundlegenden Frage auseinander:
„Welches sind die Erfordernisse einer Volksreligion in Ansehung dieser Gesichtspunkte - treffen wir sie bei der christlichen Religion an.“
(Anmerkung 10: GW 1, S. 155. In GW 1 fehlt das Fragezeichen am Ende des Satzes, das aber in der Suhrkamp Ausgabe (Bd. 1, S. 89) steht. Dass es sich um eine Frage handelt, ist aber aus der Art der Satzbildung sowie aus der Fortsetzung des Textess, die eine Antwort zu dieser Frage ist, zu entnehmen.
Hegel kommt zu dem Ergebnis, dass die christliche Religion keine Volksreligion sein kann. Grund dafür ist, dass sie bei der Aufgabe der Beförderung der Moralität in dem Menschen zum Scheitern verurteilt ist, da die Begründung des christlichen Glaubens auf Geschichte und nicht auf Vernunft beruht.
Die christliche Religion ist also auf die äußere Autorität der historischen Überlieferung und nicht auf die innere Autorität der menschlichen Vernunft begründet. Die Folge davon ist, dass Christus von den Menschen als Symbol der Tugend angesehen wird. Diese Tugend aber den einzelnen Menschen allein durch den eigenen guten Willen nicht zugänglich ist. Darüber sagt Hegel explizit:
„Ach man hat uns überredet, dass diese Vermögen fremdartig, dass der Mensch nur in der Reihe der Naturwesen, und zwar verdorbener gehöre man hat die Idee der Heiligkeit gänzlich isolirt, und allein einem fernem Wesen beigelegt sie mit der Einschränkung unter eine sinnliche Natur für unvereinbar gehalten.“
(GW1, S. 160)
Und an der gleichen Stelle fügt er hinzu:
„Diese Erniedrigung der menschlichen Natur erlaubte es uns also nicht, in tu-gendhaften Menschen uns wieder zu erkennen.“
Als „Bild der Tugend“ braucht man nach der Lehre der christlichen Religion einen „Gottmenschen“, und das widersprach Hegels Ansicht, dass die Idee des moralischen Gesetzes „wir am Ende freilich aus uns selbst holen müssen“. (GW 1, S. 161)
Die Erniedrigung des Menschen ist also der Hauptgrund dafür, dass die christliche Religion die Moralität des Menschen nicht befördern kann, weil sie die Natur des Menschen nicht in ihrem positiven Wert anerkennt, sondern als etwas Verdorbenes betrachtet. Hegel konnte mit dieser Auffassung nicht einverstanden sein. Wenngleich er in einer Phase seiner Entwicklung, und zwar in dem Zeitraum un den Frühling 1793, unter dem Einfluss des ersten Teils von Kants Religionsschrift zu einem ähnlichen Gedanken gekommen war, hatte ihn die Rezeption der anderen Teile dieser Schrift und dann etwas später das Zurückkehren zu den alten, in der Zeit vor dieser Rezeption erarbeiteten Gedanken zu einer insgesamt weder optimistischen noch pessimistischen, sondern ausgeglichenen Anthropologie geführt. Nach dieser Menschenauffassung ist der Mensch von Natur aus weder gut noch böse; er schließt in sich beide Möglichkeiten ein, die des moralischen und die des unmoralischen Verhaltens. Dadurch wird auch die Aufgabe der Religion begründet, die darin besteht, die erste Möglichkeit zu befördern und die zweite zu unterdrücken. Deutlicher Beleg für diese ausgeglichene Anthropologie Hegels am Ende dieser Zeit ist der schon zitierte Satz „Der Mensch ist ein so vielseitiges Ding [...]“ vom Bogen ‚h‘ sowie die Auffassung einer „wohlgeordneten Sinnlichkeit“, die vor allem im Bogen ‚h‘ enthalten ist.
Schließlich haben wir im Text 26 die Entstehung von Hegels Lebensideal, die neue Religion der Menschheit als Vernunftreligion selbst zu stiften. Er will der Religion endlich eine eigene Würde, wir könnten auch sagen ‚einen eigenen wissenschaftlichen Status‘ vergeben. Was man brauchte, war nach Hegels Meinung eine neue Volksreligion, die die von ihm festgelegten, unentbehrlichen Merkmale besaß und die dadurch den Menschen beibringen könnte, die Tugend in sich selbst und nicht in einem fremden, wenngleich göttlichen Wesen zu erkennen. Die Zeit war seiner Überzeugung nach reif, um endlich die reine Tugend von der Person Jesu zu trennen und sie als etwas Menschliches, als „das Schöne der menschlichen Natur“ und nicht als etwas Göttliches zu verehren.
Diesen Gedanken spricht Hegel sehr deutlich im Text 26 „Jezt braucht die Menge...“ aus. Die neue Volksreligion soll der Religion endlich eine „eigne wahre, selbständige Würde“ geben, wie es in dem letzten Satz dieses Textes heißt:
„Das System der Religion, das immer die Farbe der Zeit und der Staats Verfassungen annahm, deren höchste Tugend Demuth, Bewußtsein seines Unvermögens, das alles anders woher - das Böse selbst zum Theil erwartet - wird izt eigne wahre, selbständige Würde erhalten -“
(GW 1, S. 164,20-24).
Damit fügt Hegel seinem Begriff von der Volksreligion ein weiteres Merkmal hinzu, und zwar das von deren ’Absolutheit’. Da die neue Volksreligion nicht mehr „die Farbe der Zeit und der Staatsverfassungen“ annehmen darf, kann man schließen, dass ihre Begründung nach Hegel unabhängig von der Geschichte sein muss. Darin besteht schließlich ihre „eigne wahre, selbständige Würde“. Hier ist also schon Hegels Neigung zu einer letztbegründeten Auffassung des Absoluten deutlich erkennbar, die dann in der ’Wissenschaft der Logik’ den vollständigsten Ausdruck bekommen wird.
In der Tat sind die oben zitierten Sätze aus Text 26 nicht nur in ihrem gedanklichen Inhalt, sondern auch in ihren zeitlichen Bezügen so explizit („Das System der Religion [...] wird izt eigne [...] Würde erhalten“; „[...] wenn nach Jahrhunderten die Menschheit wieder Ideen fähig wird...“), dass man dahinter eine bewusste Absicht, ein Lebensprogramm erkennen kann, und zwar das Programm von der Gründung einer neuen, auf Vernunft basierten Volksreligion, die geeignet sein soll, Moralität in dem Menschen zu befördern.
Diese Absicht darf wohl als Ergebnis der ersten Periode von Hegels Jugendentwicklung (1785-1794) und als sein festes, philosophisches Lebensprogramm betrachtet werden.
3. Hegels Umsetzung des philosophischen Programms der Gründung einer ‚Vernunftreligion‘
In den folgenden Jahren ab 1795 setzt Hegel sein philosophisches Lebensprogramm fort und stiftet die neue Religion der Menschheit als ‚Vernunftreligion‘. Sein System als ‚Darstellung des Absoluten und der absoluten Sittlichkeit‘ wird nichts anderes als die neue Vernunftreligion sein. Hiermit profilierte sich Hegel als der Vollstrecker von Kants Idee einer Vernunftreligion. Wir wollen hier ganz kurz einige Stadien dieser Umsetzung nachzeichnen.
3.1 Texte aus der Berner und Frankfurter Zeit (GW2)
Die Texte aus den Berner und Frankfurter Zeit arbeiten dieses Konzept weiter aus, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Erhebung des Menschen (also des Endlichen) zu Gott (dem Unendlichen). Hegel übt eine scharfe Kritik an der christlichen Religion, weil er weiß, dass sie immer an die Geschichte gebunden, also „positiv“ bleiben wird und niemals eine Vernunftreligion werden kann. Das Schicksal des Christentums ist an seine Ursprünge im Alten Testament gebunden. Dennoch versteht er, dass das von Jesus formulierte Ideal der Liebe, das die Grundlage und das Wesen der christlichen Religion darstellt, nicht positiv, sondern natürlich und vernünftig ist. Es gilt also, eine rationale, logische Struktur zu schaffen, die in der Lage sei, diesem Ideal eine neue Grundlage zu geben, die auf Vernunft beruhe. Das ist es, was in der Jenaer Zeit geschehen wird.
3.2 Die Jenaer Zeit als die Geburtsstunde des philosophischen Systems als Vernunftreligion (GW4-8)
Dass das Jenaer System eine Vernunftreligion ist, bezeugt ein sehr wichtiger Text, der uns von Rosenkranz überliefert wurde. Es handelt sich um die sogenannte Fortsetzung des Systems der Sittlichkeit (um 1805).
(Original in: Rosenkranz, Karl, Hegels Leben, Berlin, 1844, S. 135-141; auch in GW5, S. 459-468; Link zu Rosenkranz hier)
In diesem Text nimmt Hegel den Schlussteil des Manuskripts "System der Sittlichkeit" wieder auf, den er 1803 unterbrochen hatte, weil er nicht bestimmen konnte, welche absolute Religion in der Lage ist, die absolute Sittlichkeit zu begründen, die er im Manuskript dargestellt hatte. Hegel hatte die Lehre einer absoluten Sittlichkeit im Wesentlichen ausgearbeitet, war aber gezwungen gewesen, den Abschluss des Manuskripts zu unterbrechen und seine Veröffentlichung zu verschieben, weil ihm der Begriff Religion fehlte, die den philosophisch gerechten Staat und damit die absolute Sittlichkeit begründen konnte. Er hat die absolute Sittlichkeit verstanden, fehlt ihm aber den Begriff der absoluten Religion, die die absolute Sittlichkeit begründen kann. Die historischen Religionen können nur relative Sittlichkeit, aber keine absolute Sittlichkeit begründen. Welche ist die absolute Religion, die die absolute Sittlichkeit begründen kann? Die Suche nach der Antwort auf diese Frage bewegt Hegels Geist ab 1803 bis 1805. Die Antwort wird sein vollständiges System sein.
In der Tat, um 1805, nachdem er den Begriff des Absoluten in der Logik-Metaphysik von 1804/05 ausgearbeitet hatte, kehrte Hegel zum Manuskript über die Sittlichkeit zurück und schließt es mit der Schlussfolgerung ab, dass die einzige Religion, die eine absolute Sittlichkeit begründen kann, die Philosophie ist, natürlich seine eigene, neu ausgearbeitete Philosophie des Absoluten.
Rosenkranz schreibt zu dieser Thematik folgendes und kommentiert dabei den Text, den er noch besaß:
“Obwohl nun Hegel damals, wie aus den vorstehenden Mittheilungen zur Genü-ge hervorgeht, den Protestantismus für eine eben so endlicher Form des Chris-tenthums hielt, als den Katholizismus, so ging er deswegen doch nicht, wie Viele seiner Zeitgenossen, zum Katholizismus über, sondern glaubte, daß aus dem Christenthum durch die Vermittelung der Philosophie der Philosophie eine dritte Form der Religion sich hervorbilden werde.“
(GW 5, S. 464,20-24)
In diesem sehr wichtigen Text bringt Hegel deutlich zum Ausdruck, dass die Philosophie die Aufgabe der Religion übernehmen muss, die Sittlichkeit zu begründen, und er skizziert sie auf diese Weise als eine Vernunftreligion. Hier ist die wichtigste Stelle, die uns Rosenkranz überliefert hat:
“Nachdem nun der Protestantismus die fremde Weihe ausgezogen, kann der Geist sich als Geist in eigener Gestalt zu heiligen und die ursprüngliche Versöhnung mit sich in einer neuen Religion herzustellen wagen, in welche der unendliche Schmerz und die ganze Schwere seines Gegensatzes aufgenommen, aber ungetrübt und rein sich auflöst, wenn es nämlich ein freies Volk geben und die Vernunft ihre Realität als einen sittlichen Geist wiedergeboren haben wird, der die Kühnheit haben kann, auf eigenem Boden, und aus eigener Majestät sich seine reine Gestalt zu nehmen. – Jeder Einzelne ist ein blindes Glied in der Kette der absoluten Nothwendigkeit, an der sich die Welt fortbildet. Jeder Einzelne kann sich zur Herrschaft über eine größere Lände dieser Kette allein erheben, wenn er erkennt, wohin die große Nothwendigkeit will und aus dieser Erkenntniß die Zauberworte aussprechen lernt, die ihre Gestalt hervorrufen. Diese Erkenntniß, die ganze Energie des Leidens und des Gegensatzes, der ein paar tausend Jahre die Welt und alle Formen ihrer Ausbildung beherrscht hat, zugleich in sich zu schließen und sich über ihn zu erheben, diese Erkenntniß vermag nur Philosophie zu geben.“
(GW 5, S. 465, 117)
(Anmerkung 13: Auch dieser Text wurde von der Familie wahrscheinlich vernichtet und nicht komplett überliefert wie offensichtlich auch andere Texte, in denen sich Hegel für die Gründung einer neuen Religion als Vernunftreligion ausgedruckt hatte).
Mehr als zehn Jahre nach der Auseinandersetzung mit Kants Religionsschrift begreift Hegel also definitiv, dass die Vernunftreligion die Philosophie ist, und zwar die von ihm gerade ausgearbeitet dialektische Philosophie, die in den Manuskripten der zweiten Jenaer Periode enthalten ist (heute in GW6, 7 und 8).
Vernunftreligion und dialektische Erkenntnis des Absoluten (Logik-Metaphysik) fallen also zusammen und begründen die Lehre der absoluten Sittlichkeit (Philosophie des objektiven Geistes).
3.3 Das philosophische System der Enzyklopädie als Vernunftreligion
Wir dürfen nicht denken, dass diese Überlegungen Hegels in Jena, als er bereits 36 Jahre alt war, ‚jugendliche Gedanken‘ blieben, erstens weil er mit 36 Jahren bereits reif war, zweitens weil echte Philosophen, d.h. die Begründer „wissenschaftlicher Wahrheitssysteme“, wie z.B. Platon, Aristoteles und Kant, solche Systeme Tag nach Tag in einem allmählichen, aber stetigen Fortschritt ihres Denkens und parallel dazu ihrer Sprache bis zum letzten Lebenstag kontinuierlich aufbauen. Wir können solche „wissenschaftlichen Wahrheitssysteme“ nicht vollständig verstehen, wenn wir nicht in aller Bescheidenheit diesen Weg nachgehen.
In der letzten Fassung der Enzyklopädie, §554, betont Hegel noch einmal, dass die gesamte Sphäre des absoluten Geistes, also das gesamte philosophische System, das nach dem dialektischen Gesetz der Aufhebung in seinem letzten Kapitel komplett enthalten ist, als eine Religion zu betrachten ist, natürlich eine Vernunftreligion:
„Die Religion, wie diese höchste Sphäre im Allgemeinen bezeichnet werden kann, (...)“.
(GW 20, S. 542)
Wir haben also zwei Ebenen der Verwendung des Begriffs ’Religion’ in Hegels reifem System:
- eine erste Ebene, die der Religion im engeren Sinne als Glaube und Vorstellung und die die zweite Entwicklungsstufe des absoluten Geistes bildet (positive Religion, Glaube);
- dann haben wir aber auch eine zweite Ebene, die der Religion in dem weiteren Sinne, dass die ganze Sphäre des absoluten Geistes ‚Religion‘ ist, selbstverständich im Sinne einer ‚Vernunftreligion‘.
Diese zweite Ebene bezeichnet die gesamte Sphäre des absoluten Geistes und damit indirekt das gesamte philosophische System, das in ihr aufgehoben ist. Wir wissen, dass nach den Prinzipien der Dialektik das Wahre das Resultat ist, das in sich das Ganze als ein Aufgehobenes enthält. Wir müssen also zum Schluss kommen, dass, wenn die gesamte Sphäre des absoluten Geistes Vernunftreligion ist, da diese Sphäre in sich das ganze System als aufgehoben enthält, dies unausweichlich bedeutet, dass Hegels philosophisches System als Ganzes eine Vernunftreligion ist.
Hierdurch wird deutlich, wie das ‚philologische Faktum“ ein neues Licht auf die Deutung des Gesamtsystems wirft, also auf das ’philosophische Faktum’ und uns zwingt, zum Schluss zu kommen, dass die Philosophie des dialektischen Idealismus nach dem Polytheismus und dem Monotheismus die dritte Religionsform der Menschheit sein soll, wie in der ’Fortsetzung des Systems der Sittlichkeit’ von Hegels selbst geschrieben wurde.
Mit seinem System leistete Hegel also seinen eigenen Beitrag zur „guten Sache“, wie es sein Freund Schelling gefordert hatte, damit die Menschheit eines Tages eine unsichtbare, auf eine reine Vernunftreligion gegründete Weltkirche und eine sittliche, in gegenseitiger Anerkennung lebende Weltgemeinschaft haben kann: Hegels Beitrag bestand darin, der Menschheit eine logisch begründete Vernunftreligion als Grundlage dazu zu Verfügung zu stellen. Den Rest sollen die Nachfolger tun, d.h. eine solche ‚unsichtbare Weltkirche‘ sowie Weltgemeinschaft in der historischen Wirklichkeit zu gründen.
Zusammenfassend: Hegel hat das Projekt Kants einer Vernunftreligion verwirklicht und damit Religion und Vernunft vereinigt und miteinander versöhnt. Die Andockung der zwei Ringe der Kette der Philosophiegeschichte erfolgt bei der Zeile 99,29 von GW1 (‚philologisches Faktum‘). Hier zeigt der in etwa 23jährige Hegel von dem nun älteren Kant verstanden zu haben, was in der Philosophie noch zu tun sei. Der junge Tübinger Student empfängt, versteht und übernimmt diese Botschaft und entscheidet, sein geistiges Leben der Verwirklichung dieses Vorhabens zu widmen, was ihm nach Jahren der Entwicklung in Bern und Frankfurt durch die Ausarbeitung des eigenen philosophischen Systems in Jena sowie dessen verschiedener Fassungen bis 1831 gelingen wird. Hegels philosophisches System ist deshalb als die Umsetzung von Kants Idee einer Vernunftreligion zu betrachten (‘philosophisches Faktum‘).
Aus dieser ganzen Reihe von Gründen gibt es eine absolute Kontinuität zwischen Kant und Hegel. Diese betrifft nicht nur einzelne Teile des Systems, sondern dessen Hauptbedeutung, dessen eigentlichen und authentischen Sinn. Ohne das Verständnis dieser geistigen Schuld von Hegel gegenüber ‚Vater Kant‘ ist Hegels Philosophie in ihrem tiefsten Sinn eigentlich nicht zu begreifen.
Um einen der berühmtesten Sätze Kants zu paraphrasieren, könnte man sagen:
„Ohne ‚Vater Kant‘ ist Hegels Philosophie leer, aber ohne den ‚Sohn Hegel‘ ist die Philosophie von ‚Vater Kant‘ blind“!
*
This page has no comments yet
This blog encourages comments, and if you have thoughts or questions about any of the posts here, I hope you will add your comments.
In order to prevent spam and inappropriate content, all comments are moderated by the blog Administrator.
Did you forget your password? Ask for it! Click here
Not yet registered? Sign up now! Click here