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8. Anwendung von Hegels logischer Dialektik auf sein intellektuelles Leben

8. Anwendung von Hegels logischer Dialektik auf sein intellektuelles Leben

 

8. Anwendung von Hegels logischer Dialektik auf sein intellektuelles Leben


Wenn wir die dialektische Logik auf Hegels philosophisches System anwenden, verstehen wir, warum es so wichtig ist, seine Entwicklung von Anfang an zu rekonstruieren: Im ersten System finden wir das noch nicht entwickelte Allgemeine, also das Grundprinzip des Systems, seine Hauptidee, sein Wesen, der Grund seines Philosophierens. Indem Hegel dann im Laufe der Zeit die verschiedenen Teile des Systems schreibt, partikularisiert er dieses Universelle, bestimmt es also, gibt ihm Inhalt. Das Endergebnis, denn irgendwann stirbt Hegel, ist die Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften von 1830, die letzte der drei Ausgaben, und um sie zu verstehen, ist es von grundlegender Bedeutung, ihre Entwicklung zu rekonstruieren, um zu verstehen, was ihr Universelles, ihr Begriff, ihr Wesen, ihr Grund ist. 
Am Anfang steht der Grund, damals im Jenaer System (1803-06), das heißt, das, was Hegel wirklich wichtig war, was er wirklich erreichen wollte. Im Laufe der Zeit fügt Hegel dann diesem ursprünglichen Inhalt verschiedene Details hinzu, d.h. er partikularisiert ihn. Das Wesentliche aber, sein Sinn, findet sich isoliert, allein am Anfang, im ersten System. 
Das Wahre ist also das Ganze, das System, nicht nur in seiner Endform, d.h. seinem Ergebnis bzw. Resultat, sondern in seiner gesamten Entwicklung betrachtet. Das Resultat kann nur verstanden werden, wenn man das Erste, den Anfang und somit der Grund, kennt, denn dieser ist die Grundlage für alles, was danach kam.

 

 

 

Dazu müssen wir wieder die "Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften" als Text heranziehen. Dieser Text ist der Einzige, der das gesamte System enthält; die anderen veröffentlichten sowie unveröffentlichten Hegelschen Werke sind immer nur Teile des Systems. Die "Wissenschaft der Logik" ist z.B. der erste Teil des Systems, den Hegel in den Jahren 1812-16 separat veröffentlicht hat (das erste Buch erschien posthum als zweite Auflage 1831, Hegel arbeitete in der letzten Phase seines Lebens an einer zweiten Auflage dieses Teils des Systems, es gelang ihm nur, das erste Buch davon zu vollenden). Die "Grundlinien der Philosophie des Rechts" (1821) sind die eigenständige Veröffentlichung des zentralen Teils der Philosophie des Geistes, der Philosophie des objektiven Geistes. 
Das Hegelsche philosophische System ist also nur in der "Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften" enthalten, und es ist dieser Text, den man benutzen muss, um Hegels Philosophie in ihrer Gesamtheit und Komplexität zu verstehen.  Nicht umsonst war dies der Text, von dem Hegel die meisten Ausgaben gemacht hat, insbesondere drei (1817, 1827 und 1830), nicht nur das, sondern, wie wir bereits erwähnt haben, hatte er bereits in Jena die erste Fassung des vollständigen Systems vorbereitet und dann in den folgenden Jahren in Nürnberg weiterentwickelt, wobei er das unveröffentlichte Manuskript für seine Gymnasialvorlesungen verwendete. Wir haben also im Laufe der Zeit über die drei offiziellen Ausgaben hinaus weitere Manuskripte des Systems.
Die Tatsache, dass Hegel drei offizielle Ausgaben dieses Systems herausgegeben hat und dass es dann noch andere gibt, die nicht veröffentlicht wurden, sondern in Form von Manuskripten vorliegen, ist nicht zufällig, sondern erklärt sich aus der Logik des Lebens. Dieser Begriff, der eine der Voraussetzungen des dialektischen Ansatzes ist, sollen wir nun untersuchen. 
Es gibt eine sehr wichtige Passage in der Vorrede zur "Phänomenologie des Geistes", in der Hegel deutlich macht, dass nur das Ganze das Wahre ist.  Wir wollen sie gemeinsam lesen.


Phänomenologie des Geistes, Vorrede, 1807
„Das Wahre ist das Ganze. Das Ganze aber ist nur das durch seine Entwicklung sich vollendende Wesen. Es ist von dem Absoluten zu sagen, daß es wesentlich Resultat, daß es erst am Ende das ist, was es in Wahrheit ist; und hierin eben besteht seine Natur, Wirkliches, Subjekt oder Sichselbstwerden zu sein. So widersprechend es scheinen mag, daß das Absolute wesentlich als Resultat zu begreifen sei, so stellt doch eine geringe Überlegung diesen Schein von Widerspruch zurecht. Der Anfang, das Prinzip oder das Absolute, wie es zuerst und unmittelbar ausgesprochen wird, ist nur das Allgemeine.“


(Im Internet hier)


In diesem Zusammenhang muss zunächst gesagt werden, dass die oben erwähnte Vorrede einen Wert an sich hat, unabhängig von der "Phänomenologie des Geistes". Sie ist wie das Manifest der Dialektik, das Hegel seiner ersten wichtigen Veröffentlichung, eben der "Phänomenologie des Geistes" von 1807, voranstellen musste, weil er die "Wissenschaft der Logik", in der die Grundprinzipien der Dialektik zum Ausdruck kommen, noch nicht veröffentlicht hatte. Er hatte sie jedoch bereits formuliert, war aber mit der Veröffentlichung noch nicht fertig, weshalb er dem Text der "Phänomenologie" ein solches Vorwort voranstellte.
Offensichtlich stellen die verschiedenen Manuskripte und die drei offiziellen Ausgaben der Enzyklopädie Entwicklungsstufen des Systems dar, denn Hegel arbeitete stets an den einzelnen Teilen sowie am gesamten System, verbesserte und vervollkommnete es ständig. In dieser Passage erklärt Hegel nämlich, dass das Ganze nur so ist, wie es sich entwickelt.
Das hat aber, wie gesagt, nicht nur mit der intellektuellen Persönlichkeit des Philosophen zu tun, sondern ist eine logische Struktur des Lebens im Allgemeinen, die es nun zu erklären gilt. 

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