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Inwieweit erfordern aktuelle globale Herausforderungen einen philosophischen Kosmopolitismus?

Inwieweit erfordern aktuelle globale Herausforderungen einen philosophischen Kosmopolitismus?

 

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Inwieweit erfordern aktuelle globale Herausforderungen einen philosophischen Kosmopolitismus?   

von

LEA POSTEL
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0. Einleitung 

1. Kosmopolitismus 

1.1 Philosophischer Kosmopolitismus 

1.1.1 Ethischer Kosmopolitismus

1.1.2 Politisch-rechtlicher Kosmopolitismus 

1.2 Neuer Kosmopolitismus 

2. Politische Handlungsfelder 

2.1. Internationale politische Stabilität 

2.2 Wirtschaftliche Zusammenarbeit 

2.3 Sicherung der Grundbedürfnisse 

2.4 Kampf gegen die Klimakrise 

3. Fazit 

4. Quellen- und Literaturverzeichnis

 

 

 0. Einleitung

Das 21. Jahrhundert fordert die Menschheit und ihr Können heraus wie nie zuvor. Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit und hat schon heute verheerende Folgen und das obwohl das gesamte Ausmaß noch völlig unklar ist. Den im Seminar verfolgten Ansatz des Weltstaats zur Lösung der Umweltproblematik finde ich überaus interessant. Um dieses Spannungsfeld eingehender zu betrachten, möchte ich den philosophischen Kosmopolitismus mit aktuellen politischen Themen verknüpfen.

Im besonderen stelle ich mir die Frage „Inwieweit erfordern aktuelle globale Herausforderungen einen philosophischen Kosmopolitismus?“

Dafür beleuchte ich im ersten Kapitel die philosophische Grundlage und die differenzierten Teilbereiche des Kosmopolitismus. Im darauffolgenden Gliederungspunkt geht es um den philosophischen Kosmopolitismus als Oberbegriff, innerhalb dessen zwischen dem ethischen und dem politisch-rechtlichen Kosmopolitismus unterschieden wird. Auch auf den später entstandenen Neuen Kosmopolitismus werde ich eingehen.

Vor dem Hintergrund meines Studienfachs, der Politikwissenschaft, stelle ich im zweiten Kapitel die folgenden politischen Handlungsfelder dar.

Die internationale politische Stabilität ist in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft immer wieder von Umbrüchen im Gefüge der Machtstrukturen geprägt. Im Handlungsfeld der wirtschaftlichen Zusammenarbeit wird deutlich, welche politische und ökonomische Reichweite globale Handelsbeziehungen haben. Im Hinblick auf die Sicherung der Grundbedürfnisse steht die Verknüpfung von Entwicklungs- und Umweltpolitik im Vordergrund. Beim Kampf gegen die Klimakrise wird das Ausmaß beschrieben und der gegenwertige Umgang mit dieser Problematik aufgezeigt.

Abschließend möchte ich im Rahmen dieser Arbeit verdeutlichen, dass diese großen politischen Themen zukünftig eine internationale bzw. globale Zusammenarbeit erfordern. Damit einhergehend, sollte ein weitreichender Wandel zum Selbstverständnis als Weltbürger – zu einer neuen Identität – führen.

 

 

1. Kosmopolitismus

Die Welt des 21. Jahrhunderts ist offensichtlich nicht mehr die Gleiche, wie sie es in der Antike war. Und trotzdem ist der in der Antike entstandene Kosmopolitismus noch heute ein Thema, das die Welt bewegt. Das Wiederaufleben dieser Thematik ist maßgeblich auf die Globalisierung und die damit einhergehenden ökonomischen, sozialen und politischen Prozesse zurückzuführen. Der Begriff Kosmopolitismus, welcher das Weltbürgertum beschreibt, setzt sich aus den Worten Kosmos (= die Welt als Ganzes) und Polis (= altgriechischer Stadtstaat) zusammen und ist somit für die ganze Welt und Menschheit als politische Orientierung und Rahmen der Zugehörigkeit zu verstehen (vgl. Köhler, Benedikt: S. 24).

Die Wortbedeutung des Weltbürgers, beschränkt sich auf Menschen, nach deren Ansicht jede*r ein gleichberechtigtes Mitglied einer, die Menschheit umfassenden Gemeinschaft ist, in der die Herkunft kaum von Bedeutung ist (vgl. Dudenredaktion, o. J.). In der antiken Philosophie wird noch weiter gegangen, so hat Cicero die überlieferten Worte Sokrates „Sokrates cum rogaretur, cujatem se esse diceret, Mundanum, Inuit. Totius enim mundi se incolam et civem arbitrabatur“ festgehalten. Aus diesem Zitat lässt sich erkennen, dass Sokrates sich als Einwohner und Bürger der ganzen Welt und die ganze Welt als seine Heimat ansieht (vgl. Köhler, Benedikt: S. 22).

Um den Hintergrund des Kosmopolitismus zu durchdringen, wird eine Unterteilung dessen vorgenommen. In der Literatur wird darüberhinaus zwischen dem philosophischen Kosmopolitismus auf der einen und dem sozialwissenschaftlichen Kosmopolitismus auf der anderen Seite differenziert. Letzterer beschreibt eine analytische Methodenlehre der Sozialwissenschaft zur Untersuchung der modernen Gesellschaft und ist daher für die hier vorgenommene philosophische Betrachtung nicht von Bedeutung (vgl. Köhler, Benedikt: S. 21).

1.1 Philosophischer Kosmopolitismus

Der philosophische Kosmopolitismus ist als ethisch-moralische Haltung zu verstehen, in der eine festgelegte normative Orientierung vorherrscht. Bei dieser normativen Orientierung liegt der Fokus der Identität auf dem Menschsein und die größte Solidarität gilt der Menschheit. Hierbei handelt es sich um einen unanzweifelbaren Grundaufbau. Es wird von einer philosophischen Entscheidungsform gesprochen, da hier einzig die Verpflichtungen gegenüber der Menschheit als handlungsweisend angesehen werden. Dieses kosmopolitische Prinzip macht Kategorien wie Menschheit, Welt und Vernunft zu ihrem zentralen Bestandteil (vgl. Köhler, Benedikt: S. 24ff).

Nach Köhler ist innerhalb des philosophischen Kosmopolitismus eine weitere Unterteilung in den ethischen und den politisch-rechtlichen Kosmopolitismus möglich.

 

1.1.1 Ethischer Kosmopolitismus

Der ethische Ausgangspunkt beschreibt die individuelle Verpflichtung des Einzelnen gegenüber dem Kollektivsubjekt der Menschheit. Hier handelt es sich dementsprechend (noch) nicht um ein verallgemeinerbares philosophisches Prinzip, sondern um die empfundene kosmopolitische Zugehörigkeit des Individuums. Es geht nicht um die Verankerung des Individuums in einem partikularen Bereich, da es als Bürger der Welt einen universalistischen Humanismus lebt. Mit anderen Worten; den Mittelpunkt bildet hier nicht das Weltbürgertum und seine Ethik, sondern der Weltbürger als ethisch Handelnder. In dem Konzept der menschlichen Loyalität ist jedoch davon auszugehen, dass diese besonders in schweren Zeiten nicht tragfähig ist (vgl. Köhler, Benedikt: S. 21ff).

 

1.1.2 Politisch-rechtlicher Kosmopolitismus

Im politischen Kosmopolitismus geht es um um die überindividuelle rechtlich-politische Ordnung der Welt. Es steht die politische Philosophie im Vordergrund, die auf Immanuel Kants ‘Programm einer kosmopolitischen Weltordnung’ (1795) beruht. Dabei geht Kant von einer anarchischen Staatenwelt aus, in der alle Staaten versuchen ihre Interessen auch auf Kosten Anderer zu verwirklichen. Es wird mittels der Entstehung einer kosmopolitischen Weltordnung die Befriedung aller im Partikularismus begründeten Konflikte angestrebt. Hierfür setzt der Philosoph ein universalistisches Recht voraus, dass die Abschaffung alles weltweit existierenden Militärs und das Recht auf innerstaatliche Souveränität eines jeden Staates beinhaltet. Es handelt sich hierbei um Kants ‘Ewigen Frieden’ (vgl. Köhler, Benedikt: S. 33ff).

Ein weiterer Grundpfeiler dieses Teilbereichs ist, dass jede Handlung unabhängig von der Distanz globale Auswirkungen hat. Dieser Ansicht nach, sind die partikularen Kreise voneinander kausal abhängig. Aufgrund der Annahme eines anarchischen Machtgefüges, hält Kant einen konsolidierten Weltstaat für unrealistisch und nicht umsetzbar. Er hält es für den einzig vernünftigen Weg, dass die Länder sich, zum Schutz aller, zu einem weltstaatlichen Zusammenschluss vereinen (vgl. Köhler, Benedikt: S. 33ff).

1.2 Neuer Kosmopolitismus

Der Neue Kosmopolitismus entstand erst im späten 20. Jahrhundert und ist somit deutlich jünger als die zuvor beschriebenen Unterteilungen. Trotzdem soll auch jene Unterform in dieser Arbeit beleuchtet werden, da sie als die realistische und damit realisierbarere Form des Kosmopolitismus gilt. Diese Annahme beruht darauf, dass der Neue Kosmopolitismus den Universalismus der vorherigen Modelle mit dem Partikularismus real beobachtbarer Phänomene, wie beispielsweise Patriotismus und Nationalismus, verbindet. Es ist also die Verknüpfung zwischen lokaler und globaler Ebene und zeigt einen Mittelweg auf. Der Neue Kosmopolitismus kann auch als Kosmopolitismus der Differenz beschrieben werden, da er von einem Sowohl-als-auch-Denken charakterisiert wird (vgl. Köhler, Benedikt: S. 37ff).

Im Zuge der Entstehung des Neuen Kosmopolitismus, vollzog der Begriff einen Bedeutungswandel. Dazu schrieb Ulrich Beck 2004 „Kosmopolitismus meint (…) im Kern die Anerkennung von Andersheit sowohl im Inneren als auch nach außen. Kulturelle Unterschiede werden weder in einer Hierarchie der Andersheit geordnet, noch werden sie universalistisch aufgelöst, sondern akzeptiert.“ (vgl. Köhler, Benedikt: S. 37ff).

Abschließend sollte neben diesen verschiedenen Bereichen des Kosmopolitismus auch ein Blick auf den Weltstaat als solchen geworfen werden. Dieser bezieht sich auf die Erde und lässt keine weitere Unterteilung in Staatsgrenzen zu, da für eine solche Unterteilung keine ethische Grundlage gegeben ist. Nationen geben ihre Souveränität an den Weltstaat ab, welcher Gesetze für die gesamte Menschheit festlegt und jedes politische Handeln auf das Gemeinwohl aller bezieht. Außerdem ist wichtig zu verstehen, dass in die Gemeinschaft des Weltstaates alle gegenwärtig lebenden Menschen, jedoch auch alle zukünftigen Generationen einbezogen werden. Dieser Aspekt basiert darauf, dass heutige Entscheidungen auch die folgenden Generationen betreffen. So ist es die Pflicht als Weltbürger die gemeinsame Lebensgrundlage, die Erde, als Gut Aller zu sehen und diese dem langfristigen Mehrwert entsprechend zu nutzen (vgl. Bassen, o. J.).

Die Notwendigkeit eines Weltstaates besteht darin, dass einige essentielle Themen der Politik schlichtweg nicht auf nationaler Ebene zu lösen sind und somit global angegangen werden müssen. Einzelstaatliche Handlungen können in einigen Bereichen enorme Auswirkungen auf andere Regionen des Planeten haben, dies betrifft vor allem die Umweltproblematik. So müssen die bereits von Philosophen der Antike erkannten „vier Grundprinzipien des Lebens“ Luft, Wasser, die Erde und ihre Energiequellen überstaatlich verwaltet werden (vgl. Bassen, o. J.). Demnach ist der Weltstaat und innerhalb dessen, die Identifikation eines jeden Menschen als Weltbürger, durchaus ein erstrebenswerter Zustand.

 

2. Politische Handlungsfelder

Die Menschheit, hier im Sinne einer Gemeinschaft von Weltbürgern, steht einer Vielzahl von Handlungsfeldern gegenüber. Im Folgenden wird in vier wichtige Bereiche unterteilt, die sich teilweise überschneiden.

2.1. Internationale politische Stabilität

Fünf Weltreligionen, sieben Kontinente, fast 200 Staaten und knapp acht Milliarden Menschen. Nie war die Weltbevölkerung größer als heute, genau wie ihre Probleme. Man sollte meinen, die Weltgemeinschaft würde den Klimawandel als Menschheitsbedrohung verzeichnen und so zusammengeführt werden. Denn die Staaten der Welt müssen zusammen eine ambitionierte, global abgestimmte Klimapolitik betreiben und sich gemeinsam den Herausforderungen des Klimawandels stellen. Wird dies nicht Realität, wird die Klimakrise die Weltbevölkerung weiter spalten und so Instabilität in die internationale Sicherheit bringen. Schon heute sind Entwicklungen wie diese deutlich erkennbar und man könnte die internationale Politik als eines der größten Hindernisse bezeichnen, die der Menschheit in ihrer globalen Zusammenarbeit im Wege stehen.

Seit tausenden von Jahren ist das Streben nach Macht, ob von einzelnen Herrschern oder ganzen Nationen, ein kontinuierliches Problem. Die daraus entstandenen und noch heute entstehenden Kriege sind zweifelsohne grausam, kontraproduktiv und haben verheerende Folgen. Egal ob es sich um Religions-, Cyber-, Territorial- oder anderweitig bedingte Kriege handelt, das Endziel ist stets die eigene Machterhaltung bzw. -ausweitung. Durch das Austragen unzähliger Konflikte hat die Welt sich mit der Zeit geographisch, politisch, wirtschaftlich und kulturell unterteilt. Eine Unterteilung in Freund und Feind, die heutzutage kaum noch auszublenden ist. Jedes Land bemüht sich um Verbündete, meist nach der Devise ‘je mächtiger, umso besser’. Die internationale Politik wird schon seit Jahrhunderten durch Weltmächte dominiert. Ab wann ein Staat als Weltmacht gilt, ist primär an seiner Vormachtstellung in der internationalen Politik festzumachen, was wiederum auch von wirtschaftlichen und kulturellen Aspekten beeinflusst wird.

In Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gab, gibt und wird es immer wieder Umbrüche in dem Gefüge der Machtstrukturen geben. So war das 19. Jahrhundert aufgrund der industriellen Revolution europäisch dominiert, wurde jedoch durch die beiden Weltkriege geschwächt und von den USA abgelöst. Die Vereinigten Staaten Amerikas konnten durch ihre ausschlaggebende Rolle beim Beenden des ersten Weltkrieges einen Vorsprung ausarbeiten, der nach dem Ende des zweiten Weltkrieges durch Ausweitung des Staatsgebiets, militärische und wirtschaftliche Macht sowie wachsenden Institutionalismus gefestigt werden konnte (vgl. Khanna, 2019: S.10f). Im Kalten Krieg hatten die USA mit der Sowjetunion plötzlich einen Gegner auf Augenhöhe, es entstand eine bipolare Machtverteilung, welche mit dem Zerfall der Sowjetunion ihr Ende fand. An diesen Status kommt das heutige Russland nicht mehr heran, was auf die tiefe ökonomische und politische Krise nach dem Zerfall der Sowjetunion zurückzuführen ist. Einerseits stieg eine kleine Gruppe extrem reicher Oligarchen auf, während andererseits ein Großteil der Bevölkerung massiv verarmte. In den letzten 20 Jahren setzte eine Stabilisierung des Landes wieder ein und Russland konnte als Energielieferant und Verhandlungspartner Europas wieder an Macht und Einfluss gewinnen. Auch die Europäische Union (EU) hat sich nach dem Ende des Kalten Krieges maßgeblich verändert. Obwohl sie nun nicht mehr auf militärische Unterstützung der USA angewiesen war, behielt die USA eine privilegierte Partnerschaft und genießt bis heute eine starke politische und ökonomische Position innerhalb des Kontinents. Mit der Osterweiterung und einer darauffolgenden Umstrukturierung von Ökonomie, Gesellschaft und Politik, machte die EU sich wettbewerbsfähiger. Zudem ist das Ansehen der EU im nahen Osten, Asien und Lateinamerika meist größer als das der USA, da es nicht auf militärischer Stärke, sondern auf ökonomischer Macht beruht (vgl. Deppe, 2010: S.44ff). Während Russland nun wieder und Europa noch immer gewichtige Positionen innerhalb der internationalen Beziehungen einnehmen, gewinnt das Schwellenland Indien an Bedeutung. Damit ist Indien nur eins von vielen asiatischen Ländern, die durch wirtschaftlichen Aufschwung, zunehmende Demokratisierung, den Ausbau von Handelsbeziehungen und politische Stabilität ihren Kontinent ins Zentrum des Globen Machtgefüges rücken. Eine Asiatisierung zieht in die Köpfe der Menschen ein, genau wie die Antiamerikanisierung. In der Gegenwart verlieren die USA immer weiter an Macht, bis sie ihre Vormachtstellung an China, den aufstrebenden Giganten Asiens abgeben werden. Oder schon längst abgegeben haben? Vieles spricht dafür. Obwohl es Stimmen gibt, die noch immer von China und den USA als die beiden Weltmächte, des 21. Jahrhunderts sprechen, steht der Sieger des Duells um eine Hegemonialstellung schon längst fest. Spannend bleibt jedoch, wie sich die Beziehungen beider Nationen zu anderen Großmächten und ihren Nachbarstaaten entwickeln werden.

Australien und Ozeanien stehen unter anderem durch ihre geografische Lage bedingt, nicht im Zentrum der globalen Machtstrukturen. Sie halten sich oftmals aus internationalen Konflikten heraus und sind nur selten von ihnen betroffen. Während in Lateinamerika als Folge vergangener Militärdiktaturen viele nationale Konflikte bewältigt werden müssen, treten sie im internationalen Kontext eher in den Hintergrund. Hinzu kommt, dass die Länder des Kontinents Schwellen- und Entwicklungsländer sind, was auch ihren ökonomischen Einfluss auf Handelsstreits gering hält. Auch Afrika ist geprägt von Diktaturen, Kriegen, schwacher Infrastruktur und instabiler Wirtschaft. Die meisten Konflikte des Kontinents sind auf die von Kolonialmächten gezogenen Ländergrenzen zurückzuführen. Dieses Problem ist nur eine von vielen verheerenden Folgen, die für Afrika aus der Kolonialzeit resultierten und den Kontinent in jeglicher Hinsicht bis heute drastisch schwächen.

Insgesamt lässt sich die globale Machtstruktur der Gegenwart als multipolare Ordnung beschreiben, allerdings als eine unausgeglichene. Dieses instabile Staatengefüge wird gegenwärtig von internationalen Einrichtungen wie zum Beispiel den Vereinten Nationen (UN), dem Atlantischen Bündnis (NATO) und dem Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN) zusammengehalten. Die grundverschiedenen Ausrichtungen der mächtigsten Nationen bleiben ein enormes Risikopotential. Oft kann eine einzelne Handlung das Fass zum Überlaufen bringen und zu einer schnellen Eskalation führen. Schon wenn Weltmächte verschiedener Seiten den Dialog miteinander aufnehmen, wird dies als Erfolg gewertet. Man ist zufrieden, wenn das Resultat beispielsweise die Deeskalation eines Handelsstreit ist. Regierungschefs können beziehungsweise wollen sich trotz des, durch die Erderwärmung bedingten, Zeitdrucks zu selten auf effektive Maßnahmen, Abkommen und Kompromisse verständigen. Stattdessen klammern Staatsvertreter sich an ihre nationalen Interessen, was immer wieder zu angespannten Verhältnissen, wirtschaftlichen Sanktionen und militärischen Auseinandersetzungen führt.

Weltweit gibt es aktuell 27 Kriege (vgl. AKUF, 2019) und die Militärausgaben steigen seit Jahren kontinuierlich, bis zuletzt 2018 auf einen Betrag von 1.822 Milliarden US-Dollar weltweit (vgl. Statista, 2019). Die Welt ähnelt einem brodelnden Konfliktherd. Das Konfliktpotential steigt stetig an, denn der Klimawandel wird immer mehr Verteilungskonflikte in und zwischen Ländern auslösen. In diesen geht es um Wasser, Land und die Bewältigung von Flüchtlingsbewegungen. Auch Kompensationszahlungen zwischen den wesentlichen Verursachern der Erderwärmung und den Ländern, die vorrangig von den Auswirkungen betroffen sein werden, können zu Auseinandersetzungen führen. Um Umweltprobleme und Armut effektiv einzudämmen, ist es notwendig Allianzen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu bilden (vgl. WBGU, 2005: S.1, 225).

 

2.2 Wirtschaftliche Zusammenarbeit

Die Industrialisierung hielt vor über 250 Jahren Einzug in einige Teile der Welt und hat sich seit dem exponentiell verbreitet. Mit dieser Entwicklung geht als globales Grundprinzip das Wachstum in so gut wie jeder Hinsicht einher. Welche Chancen und Gefahren in diesem Zuge entstehen, ist kaum zu überblicken. 

 

Die wirtschaftliche Dynamik des 20. Jahrhunderts, wurde durch immer wiederkehrende Depressionen und Krisen geprägt. Die Überwindung dieser Phasen verlangte den führenden Nationen große Anstrengungen ab. Durch die globale Ausbreitung des kapitalistischen Systems erhielten eine Vielzahl neuer Regionen Zugang zum Weltmarkt. Eine weitestgehend stabile Weltwirtschaft konnte sich über die letzten Jahrzehnte entwickeln und stellte sich als zentraler Handlungsraum heraus (vgl. Deppe, 2010: S. 62). Denn kein Land der Welt kann ein Wachstum dieser Größe allein durch eigene Bemühungen erreichen. Doch wer die Möglichkeit hat, lässt sich die internationalen Im- und Exportgeschäfte nicht entgehen. Die Wirtschaft steht an erster Stelle im Gefüge unserer Gesellschaft und ist stetig in Bewegung. Die boomende Wirtschaft vieler Industrienationen ist zur Gewohnheit geworden und immer mehr Schwellenländer steigen in den internationalen Wettlauf ein. Milliarden Investitionen in Forschung und Wirtschaft ermöglichen einen umfassenden technologischen Wandel. Die Globalisierung auf der einen und die Digitalisierung auf der anderen Seite, lassen neue Erfindungen in einem nie da gewesenem Tempo entstehen und sich verbreiten.

Gleichzeitig wächst die Weltbevölkerung unaufhaltsam, jedoch nicht gleichmäßig. Während der westlichen Welt der demographische Wandel zum Verhängnis wird, kann Asien dies zu seinem großen Vorteil machen. Im Jahre 2050 wird ein Drittel der Weltbevölkerung in Asien leben. Ein enormes Wirtschaftswachstum ging nach dem 2. Weltkrieg von Japan und Südkorea aus, übertrug sich auf China und wird inzwischen von Süd- und Ostasien angetrieben. Dies liegt daran, dass all diese Länder die idealen demographischen Voraussetzungen hatten beziehungsweise haben, um ihre Wirtschaft anzukurbeln. Misst man das Bruttoinlandsprodukt (BIP) an der Kaufkraftkapazität, hat China mit 21,42$ die Vereinigten Staaten (18,57$) bereits jetzt überholt und steht somit an der Spitze der Weltwirtschaft. Auch in der Gesamtheit macht Asien die Hälfte des weltweiten BIP aus und dominiert wirtschaftlich in jeder Hinsicht. Die Asiatisierung des Planeten ist demnach vor allem in der Wirtschaft begründet und der amerikanische Traum des 20. Jahrhunderts wird vom asiatischen Traum des 21. Jahrhunderts ersetzt. Auf geniale Weise nutzt Asien die Globalisierung als ihren Weg zum Wohlstand. Milliarden Asiaten konnten in den letzten zwei Jahrzehnten der Armut entkommen und zu einer stabilen Gesellschaft zusammenwachsen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei der von Asien ausgehende Welthandel, der größer ist, als der aller anderen Kontinente (vgl. Khanna, 2019: S. 9, 20, 190ff, 203).

Ein wesentlicher Unterschied im Vergleich besteht drin, dass Asien unabhängiger von der Weltwirtschaft ist, als seine Konkurrenz. Asiaten verstehen sich, trotz ihrer großen kulturellen Vielfalt, in erster Linie ihrem Kontinent zugehörig und das spiegelt sich in sehr stabilen internen Handelsbeziehungen wieder. Europa und Amerika passen ihre Märkte der asiatischen Wirtschaft an und räumen dieser Entwicklung Priorität ein. Die durch diesen Wandel entstandene Abhängigkeit ist nur wenigen bewusst und wird selten eingestanden. Die damit einhergehenden 

politischen Auswirkungen sind in der entstehenden neuen Weltordnung klar zu erkennen. Umliegende Länder wie Australien, Neuseeland, Russland, die Türkei und der nahe Osten orientieren sich immer stärker an China und Asien allgemein. Parallel dazu sichert der Ausbau der neuen Seidenstraße Asien einen schnellen und sicheren Handelsweg nach Europa. Darüberhinaus hat Asien erste Schritte vollzogen, um Afrika durch wirtschaftliche Zusammenarbeit aus der Armut zu helfen und unter ihren Einfluss zu bringen. So wuchs der afrikanisch-asiatische Handel von Verbrauchsgütern zwischen 2002 und 2012 um beeindruckende 2000%, während Europas Einfluss sich anteilig stark verringert. Obwohl der Pazifik die wohl größte Barriere der Erde bildet, bleibt auch Lateinamerika von der Asiatisierung nicht unberührt. Große Mengen Verbrauchsgüter strömen nach Asien, wofür Lateinamerika Investitionen in Infrastruktur und Industrie erhält. All diese Prozesse verdeutlichen wie weit die Asiatisierung in der globalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit vorangeschritten ist (vgl. Khanna, 2019: S. 6f, 11, 25, 327, 337).

Dass der Kapitalismus sich auf dem asiatischen Kontinent längst ausgebreitet hat, steht außer Frage. Anders ist es um die Demokratie gestellt, hier werden immer wieder Bedenken des Westens laut. Doch auch Asien kann einige Vorzeigedemokratien wie Südkorea und Taiwan präsentieren. Vor allem der Wille demokratische Strukturen zu schaffen und diese zu wahren ist in vielen Ländern, darunter Indien, Indonesien und die Philippinen, deutlich erkennbar. Die Aussage Kants, dass das Kriegspotential zwischen Demokratien deutlich niedriger ist (Czempiel, 1996: S.1), sollte die Skepsis der internationalen Politik daher eher auf Nationen wie Russland, die Türkei oder den Iran lenken, in denen Wahlen schon längst keine demokratische Teilhabe mehr bedeuten (vgl. Khanna, 2019: S. 347f).

Betrachtet man zusätzlich das fast bedrohlich wirkende Bevölkerungswachstum, wird klar, dass das vorherrschende unbedingte Wirtschaftswachstum die Ressourcen der Welt schon bald aufbrauchen wird. Noch dramatischer werden die damit einhergehenden Folgen bezüglich der Erderwärmung. Es ist offensichtlich, dass die Weltwirtschaft eine globalisierte Umweltpolitik erforderlich macht.

2.3 Sicherung der Grundbedürfnisse

Immer wieder wird herausgestellt, dass der Klimawandel die größte Herausforderung unserer Zeit ist, doch klar ist auch, dass Menschen, die um Leib und Leben fürchten müssen, sich nicht für den Umweltschutz einsetzen können.

Ende 2018 waren 70,8 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Konflikten und Verfolgung (vgl. UNO Flüchtlingshilfe e.V., o. J.). Und das mit steigender Tendenz. Auch die Zahl der Konflikte um Ressourcen und sichere Lebensräume wird stark ansteigen und das langfristige Ausmaß dieser humanitären Katastrophe drastisch steigen lassen. In den nächsten 20 Jahren ist mit 200 Millionen Klimaflüchtlingen zu rechnen, was die Situation erheblich verschärft (vgl. Jakobeit, Methmann, 2007). Unzählige Naturkatastrophen zerstören die Heimat von vielen Millionen Menschen. Wasserverschmutzung, ausbleibender Monsun, anhaltende Dürren und Versalzung der Böden sind nur einige der Folgen, die schon heute die Landwirtschaft und damit die Lebensgrundlage ganzer Kontinente nachhaltig ruinieren. Durch den ansteigenden Meeresspiegel und die Erderwärmung werden immer größere Teile der Erde für Mensch und Tier unbewohnbar. Ganze Ökosysteme brechen zusammen und währenddessen wächst der Konkurrenzkampf um die lebensnotwendige Ressource Wasser (vgl. WBGU, 2005: S. 3).

All das ist so schockierend, dass man es kaum glauben mag. Doch liegt der ethische Konflikt dieser Situation schon in ihrem Ursprung. Denn obwohl der Klimawandel ein globales Problem ist, könnte das Ungleichgewicht zwischen den Verursachern und den Betroffenen kaum größer sein. Bewiesenermaßen tragen die Industrienationen die Hauptverantwortung für diese erschreckenden Entwicklungen, während vor allem die Bevölkerung in den Schwellen- und Entwicklungsländern die stark Geschädigten sind. Zudem können ärmere Regionen sich aufgrund ihrer deutlich höheren Vulnerabilität von den negativen Folgen der Klimakrise kaum bis gar nicht erholen. Es kommt hinzu, dass ganze Landstriche nach ihrer Zerstörung durch Naturkatastrophen oder durch langfristige Schädigungen nicht wiederaufgebaut oder stabilisiert werden können, wie es in Industrieländern der Fall wäre. Denn anders als dort, fehlt es in mittellosen Gebieten oft an quasi allem (vgl. WBGU, 2005: S. 1ff). Jedoch sollte angesichts der unverhältnismäßig bedrohlichen Folgen der Erderwärmung, den am stärksten betroffenen Ländern, noch wesentlich mehr Hilfe der Industriestaaten zu Gute kommen.

Um diese unhaltbare Ungleichheit im sozialen Weltgefüge zu lindern, muss die Erfüllung der Grundbedürfnisse aller Menschen oberstes Ziel der Entwicklungspolitik sein. Hierfür ist die nachhaltige Sicherung stabiler Umweltbedingungen die wichtigste Voraussetzung. Daher müssen Staaten und Wirtschaftsunternehmen Verantwortung für die von ihnen verursachte Erderwärmung übernehmen. Der Ausgleich von Klimaschäden sollte nach dem Verursacherprinzip auf internationaler Ebene von Staaten und auf nationaler Ebene von Unternehmen eingefordert werden. Auf diesem Weg könnte die Vulnerabilität wirtschaftlich schwächerer Regionen eingedämmt werden, um dem Kampf gegen die Armut entschlossen entgegen zu treten (vgl. WBGU, 2005: S. 20f).

Erschreckend ist, dass all diese Erkenntnisse keineswegs neu sind. Schon 1972 hatte eine Forschergruppe im Auftrag des „Club of Rome“ den Bericht über die „Grenzen des Wachstums“ erstellt. In diesem ging es um die Aspekte rapides Bevölkerungswachstum, beschleunigte Industrialisierung, weltweite Armut, Ausbeutung der Rohstoffe und Zerstörung der Umwelt. Demzufolge war bereits vor knapp 50 Jahren erkennbar, dass die Beibehaltung des gegenwärtigen Wirtschaftswachstums die tiefe Spaltung zwischen armen und reichen Nationen vergrößern wird. Die Industrienationen leben einen Fortschritt, der einen unverhältnismäßig hohen Preis einfordert. Das Festhalten an diesen veralteten Produktionsweisen und Konsummustern gepaart mit der späteren Industrialisierung vieler Schwellen- und Entwicklungsländer nach diesem Vorbild, sind die Ursache des Problems. „Wenn der Westen seine Verantwortung weiter leugnet, dann kommt der Tag, an dem die ärmsten Länder dem Westen den Krieg erklären.“ schrieben Harald Schumann und Christiane Grefe 2008 (vgl. Deppe, 2010: S. 118, 126ff). Es wird also sehr deutlich; Umwelt- und Entwicklungspolitik sind auf langzeitige Sicht nicht von einander zu trennen. Denn Umweltschutz ist die wichtigste Voraussetzung für die Bekämpfung von Armut.

 

2.4 Kampf gegen die Klimakrise

Um die Relevanz des Kampfs gegen die Klimakrise ganzheitlich zu begreifen, ist zuerst ein Verständnis des dramatischen Ausmaßes des Klimawandels notwendig.

Schon jetzt sind die Folgen des Klimawandels unübersehbar. Unser Planet hat sich verglichen mit der vorindustriellen Zeit bereits um einen Grad Celsius erwärmt. Was nach wenig klingt, ist ein Desaster. Die Weltgemeinschaft steuert auf so genannte Kipp-Punkte zu, an denen es kein Zurück mehr gibt, sobald sie einmal überschritten wurden. Die Polkappen und Gletscher schmelzen in einem nie da gewesenem Tempo und die Geschwindigkeit des Rückgangs nimmt zu. Nach Aussagen verschiedener Wissenschaftler könnte das arktische Meer bereits im Sommer 2050 eisfrei sein. In einigen Gebirgen hat sich das Eis seit Beginn der Industrialisierung längst halbiert. Durch das Abschmelzen steigt der Meeresspiegel unaufhaltsam, was wiederum zur stärken Erwärmung beiträgt. Denn Sonnenlicht wird zu 90% vom Eis reflektiert, vom Meerwasser jedoch zu 90% absorbiert (vgl. Paeger, 2015). Regelmäßig werden neue Rekordtemperaturen gemessen. Es kommt zu Dürren und Waldbränden, Überschwemmungen und Stürmen. Und das immer häufiger und vor allem immer stärker.

Weltweit fliehen mehr Menschen vor den Folgen des Klimawandels als vor Krieg und Gewalt (vgl. Norddeutscher Rundfunk, 2018). Laut Greenpeace wird die Zahl der Klimaflüchtlinge bis 2040 auf 200 Millionen Menschen steigen (vgl. Jakobeit, Methmann, 2007: S. 2). Noch dramatischer ist der Zustand, der Klimatoten, wozu es bisher kaum globale Werte gibt. Allein in Indien sind bereits jetzt jährlich 2,5 Millionen Todesfälle auf die Folgen der Umweltverschmutzung zurückzuführen, in China sind es 1,8 Millionen (vgl. Khanna, 2019: S. 229). Breitet sich diese Entwicklung auf den gesamten Planeten aus, liegt nahe, wie alarmierend die Situation sein wird. Der menschengemachte Klimawandel hat dazu geführt, dass neben den Toten auch für den Rest der Bevölkerung schwerwiegende gesundheitliche Folgen zu beklagen sind. Darunter sind beispielsweise hitzebedingte Erhöhung der Erkrankungsfälle bei Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen, Ausbreitung von Infektionskrankheiten und Allergien, UV-Belastung und Hauterkrankungen (vgl. Senatsverwaltung für Gesundheit Umwelt und Verbraucherschutz, 2009: S. 11ff).

Neben der Umwelt und den Menschen leidet vor allem die Tier- und Pflanzenwelt besonders stark unter den Folgen des Klimawandels. Die Anzahl der weltweit existierenden Tier- und Pflanzenarten liegt bei rund acht Millionen, wovon etwa eine Million vom Aussterben bedroht ist. Das Problem; dieses Sterben geht immer schneller. In den letzten 120 Jahren sind von den Arten, die in Feuchtgebieten leben, bereits 85% abgestorben. Bei Amphibienarten sind es über 40%, bei Korallenriffen und Meeressäugern liegt dieser Wert bei über 30% (Kaess, 2019).

Doch schnelle Besserung ist kaum in Sicht, denn eines steht fest; es gibt keine Chance mehr den Klimawandel aufzuhalten. Die einzige Hoffnung besteht in einer möglichst weitreichenden Eindämmung aller Folgen.

Dieses Anliegen verfolgt unter anderem das Pariser Klimaabkommen, welches 2015 von 195 Staaten unterzeichnet wurde. Ziel der Vereinbarung ist es, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten zu begrenzen. Hierfür haben die Länder umfassende nationale Klimaschutzpläne entwickelt, welche jedoch nicht den Erfolg des Programms sichern, sondern lediglich dazu beitragen sollen. Hinzu kommt alle fünf Jahre eine Festlegung von strengeren Zielen und auch die engere Zusammenarbeit von Industrie- und Entwicklungsländern ist in dem Abkommen verankert (vgl. Europäische Union, 2019).

Dass dieses Klimaabkommen ein wichtiger Schritt ist, große symbolische Wirkung hat und Staaten zum Klimaschutz anregt, mag sein, doch effektive internationale Klimapolitik, müsste anders aussehen. Durch die in Paris vorgestellten nationalen Klimaschutzpläne wird deutlich, dass der Fokus noch immer auf den nationalen Zielen der einzelnen Länder liegt (vgl. Weimann, 2016: S. 3f). Vorstufen des Weltstaates, eine Zusammenarbeit als Weltgemeinschaft, ist hier also mehr Schein als Sein. Hinzu kommt, dass das Abkommen nicht rechtsbindend ist und den eingebundenen Nationen keine wirtschaftlichen oder politischen Folgen drohen. Die Problematik dieser Unverbindlichkeit, hat die Weltgemeinschaft nachdem Donald Trump 2017 den Austritt der USA ankündigte, besonders schmerzlich zu spüren bekommen.

Die EU hingegen, probierte sowohl in den Verhandlungen von Paris als auch mit zusätzlichen Maßnahmen eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Sie hat sich im Rahmen des Pariser Abkommens dazu „verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40% gegenüber 1990 zu senken.“ Um langfristige Planungshorizonte für Wirtschaft und Gesellschaft möglich zu machen, legte die Europäische Kommission Ende 2018 die Vision der Treibhausgasneutralität bis 2050 vor. Dieser Plan läuft unter dem Namen "Ein sauberer Planet für alle“. Betrachtet man die bisherigen Errungenschaften im Klimaschutz, scheint dieses Ziel zwar sehr utopisch, doch macht es zugleich auch etwas Hoffnung (vgl. BMU, o. J.).

Abgesehen vom Pariser Modell und Vorhaben der Europäischen Union, gibt es natürlich auch andere Institutionen, die sich dem Kampf gegen den Klimawandel widmen. So zum Beispiel die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Sie finanziert seit über 10 Jahren gezielt Klima- und Biodiversitätsprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern und ist damit eine der in 2.1 erwähnten Allianzen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Finanzielle Mittel erlangte die Initiative aus Versteigerungserlösen des Emissionshandels, Energie- und Klimafonds. Die IKI stellt Klimaschutz, Anpassung an die Folgen des Klimawandels und den Schutz der Biodiversität in den Vordergrund. Damit gehen positive Nebeneffekte einher, insbesondere die Verbesserung der Lebensverhältnisse in den Partnerländern (vgl. BMU, o. J.).

Die zuvor erwähnte Asiatisierung der Welt, nimmt auch im Klimawandel eine besondere Rolle ein. Weltweit verbraucht Asien nach heutigem Stand die größte Menge an Treibstoff, Bodenschätzen und Lebensmitteln, was im Hinblick auf die Bevölkerungsgröße von 4,5 Milliarden Einwohnern nicht verwunderlich ist. Demzufolge sind auch Asiens Umweltbelastungen weit höher als die europäischen. Ein Beispiel hierfür; allein der ostasiatische Raum verbraucht 80% des Flüssiggases weltweit. Außerdem liegen die am stärksten verschmutzten Städte der Welt (Karatschi, Mumbai, Delhi und Dakka) in Südasien. Der Heimat der 1,3 Milliarden Chinesen kommt innerhalb Asiens eine Sonderstellung zu. Das liegt unter anderem daran, dass die meisten der weltweit größten Kohleproduzenten (und Banken, die Kohlekraft finanzieren) chinesisch sind. Gegenwertig liegt der Fokus zwar noch auf fossilen Brennstoffen, jedoch ist ein deutlicher Wandel bereits angestoßen worden. So gibt China schon heute jährlich 100 Milliarden Dollar für nichtfossile Brennstoffe aus und beschäftigt mehr als zwei Millionen Menschen in der Solarenergieindustrie. Neue Technologien, wie Smog schluckende Fahrräder oder Luft filternde Türme, die den aufgenommenen Schmutz weiterverarbeiten, werden immer häufiger eingesetzt. Wichtige ökonomische Maßnahmen wie die Kohlenstoffobergrenzen und den Emissionshandel hat China inzwischen eingeführt (vgl. Khanna, 2019: S. 227ff).

Eines ist auf jeden Fall klar, die Verweigerung von Klimaschutz darf sich weder für einzelne Industriezweige, noch für irgendeinen Staat ökonomisch lohnen. Klimaschutz ist eine Frage der Ethik und sollte im 21. Jahrhundert ausnahmslos oberste Priorität der gesamten Weltgemeinschaft sein. Nur so ist es möglich, auch zukünftigen Generationen einen Planeten zu überlassen, auf dem das Leben ein lebenswertes ist.

 

3. Fazit


Die globalen Entwicklungen der Gegenwart, lassen nur erahnen, was die Zukunft mit sich bringen wird. Doch so bedrohlich die Situation angesichts der Klimakrise scheinen mag, umso wichtiger ist eine Rückbesinnung auf die Vernunft. Zum ersten Mal in der Geschichte hat die Menschheit jene Kräfte und Ressourcen, die sonst ihr Leben auf der Erde sichern, nun gegen sich. Nur als kollektive rational handelnde Weltgemeinschaft, können die Folgen der Erderwärmung eingedämmt werden. Hierfür ist die Berücksichtigung aller beleuchteten Handlungsfelder notwendig:

Nationale Interessen müssen im internationalen Kontext zurückgestellt werden, da sie eine effektive Zusammenarbeit behindern.

Das unbegrenzte Wachstum ist die Ursache der Umweltzerstörung und steht jedem Klimaschutz entgegen.

Entwicklungspolitik kann erst durch funktionierende Umweltpolitik globale Armut verringern und Überleben sichern.

Um diese Veränderungen zu erreichen, ist ein Paradigmenwechsel im Denken der Menschheit unausweichlich. Denn Probleme zu lösen, ohne die zugrundeliegende Ursache zu ändern, dient ausschließlich der Manipulation des Gewissens. Die Weltanschauung, in der quantitative, materialistische Aspekte des Lebens die qualitativen und spirituellen, überlagern, muss eine Kehrtwende vollziehen. Deshalb ist es wichtig bei der Lösung dieser Problematik sich nicht auf den rein wissenschaftlichen Ansatz zu beschränken, sondern auch soziale Prozesse in Gang zu bringen, um ein flächendeckendes Umdenken zu bewirken.

Im Zuge der Globalisierung, gewinnt die Identität des Weltbürgers immer mehr an Bedeutung und es ist an der Zeit, endlich ihr gesamtes Potential auszuschöpfen. Diese philosophischen Veränderungen der Prinzipien, die das Leben der Menschen bestimmen, lassen sich mithilfe des philosophischen Kosmopolitismus beschreiben. Die Ansicht, der Weltstaat sei lediglich eine Utopie, ist schwer zu widerlegen. Doch das ist nicht das Ziel. Vielmehr geht es darum, den ethischen Kosmopolitismus zum Ideal des Subjekts und den politisch-rechtlichen Kosmopolitismus zu einer globalen Überzeugung zu machen. So steht Georg Wilhelm Friedrich Hegel beispielsweise dafür, dass ein politisches Ideal nur seine Wirkung entfalten kann, wenn es im zeitgenössischen Denken der Menschen fest verankert ist (vgl. De Angelis, 2020). Denn dies ist, was benötigt wird, um die Welt zu einer eben solchen kosmopolitisch effektiven Handlungseinheit zu machen.

Abschließend bleibt festzustellen, dass ein philosophischer Kosmopolitismus die erforderliche Grundlage für einen Paradigmenwechsel in vielen politischen Handlungsfeldern bildet.

 

4. Quellen- und Literaturverzeichnis

Angelis de, Marco (2020), Bassen, Nils (o. J.): Weltphilosophie, Weltpolitik. In: Philosophy for Future, [online], https://www.philosophyforfuture.org/index.asp, [09.02.2020].

Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung Hamburg (AKUF) (2019): 2019 weltweit 27 bewaffnete Konflikte – Afrika am stärksten betroffen, Universität Hamburg (Hrsg.), [online], https://www.wiso.uni-hamburg.de/fachbereich-sowi/professuren/jakobeit/forschung/akuf/publikationen/pdfs/akuf-pressemitteilung-2019.pdf, [23.02.2020].

Czempiel, Ernst-Otto (1996): Kants Theorem. Oder: Warum sind die Demokratien (noch immer) nicht friedlich? In: Zeitschrift für Internationale Beziehungen. Nomos Verlagsgesellschaft

Deppe, Frank (2010): Politisches Denken im Übergang ins 21. Jahrhundert: Rückfall in die Barbarei oder Geburt einer neuen Weltordnung? Hamburg, Deutschland: VSA Verlag.

Kaess, Christiane (2019): UN-Bericht: Artensterben in drastischem Ausmaß. In: Deutschlandradio (Hrsg.), [online], https://www.deutschlandfunk.de/un-bericht-artensterben-in-drastischem-ausmass.1773.de.html?dram:article_id=448027, [07.03.2020].

Dudenredaktion (o. J.): Weltbürger, Kosmos, Polis. In: Duden online, [online], https://www.duden.de, [09.02.2020].

Europäische Union (2019): Pariser Übereinkommen, Offizielle Website der EU, [online], https://ec.europa.eu/clima/policies/international/negotiations/paris_de, [05.03.2020].

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) (o. J.): Klima- und Energiepolitik der Europäischen Union, Förderinstrument IKI, [online], https://www.bmu.de, [09.03.2020].

Jakobeit, Cord, Methmann, Chris (2007): Klimaflüchtlinge: die verleugnete Katastrophe, Greenpeace e.V. (Hrsg.), Hamburg, Deutschland.

Khanna, Parag (2019): Unsere asiatische Zukunft. Berlin, Deutschland: Rowohlt Verlag.

Köhler, Benedikt (2006): Soziologie des neuen Kosmopolitismus. Wiesbaden, Deutschland: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Marshall, Tim (2015): Die Macht der Geographie: Wie sich Weltpolitik anhand von 10 Karten erklären lässt. London, Großbritannien: Elliot & Thompson Ltd.

Norddeutscher Rundfunk (2018): Klimawandel: Fakten zum globalen Temperaturanstieg, [online], https://www.ndr.de/ratgeber/Klimawandel-Fakten-zum-globalen-Temperaturanstieg,klimawandel300.html, [23.02.2020].

 

Paeger, Jürgen (2015): Die Folgen des Klimawandels, [online], http://www.oekosystem-erde.de/html/klimawandel-02.html, [23.02.2020].

Senatsverwaltung für Gesundheit Umwelt und Verbraucherschutz (2009): Erster Bericht zum Klimawandel in Berlin: Auswirkungen und Anpassungen. Berlin, Deutschland.

Statista (2019): Militärausgaben - Entwicklung weltweit bis 2018, Statist Research Department (Hrsg.), [online], https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36397/umfrage/entwicklung-der-weltweiten-militaerausgaben/, [23.02.2020].

UNO Flüchtlingshilfe e.V. (o. J.): Zahlen & Fakten zu Menschen auf der Flucht, [online], https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/fluechtlingszahlen/, [11.03.2020].

Weimann, Joachim (2016): Internationale Lösung durch nationale Politik?: Eine Bewertung des Pariser Klimaabkommens. In: Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München (Hrsg.), Anspruch und Wirklichkeit: Kann das Pariser Klimaabkommen funktionieren? München, Deutschland: EconStor.

Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (WBGU) (2005): Welt im Wandel: Armutsbekämpfung durch Umweltpolitik. Heidelberg, Deutschland: Springer Verlag.

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