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1. Entstehung und Begriff der Philosophie

1. Entstehung und Begriff der Philosophie


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KURZE GESCHICHTE DER PHILOSOPHIE
von
Marco de Angelis

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Entstehung und Begriff der Philosophie

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1. Die Entstehung der Philosophie

(Philosophie: im Altgriechischen: φιλοσοφία, philosophía, bestehend aus φιλεῖν (phileîn), "lieben", und σοφία (sophía), "Weisheit", d.h. "Liebe zur Weisheit").

Die Entstehung der Philosophie findet statt, wenn sich der Mensch zum ersten Mal die grundlegende Frage stellt, die das Wesen der Philosophie ausmacht. Der historische Ursprung und das Wesen eines kulturellen Phänomens gehören zusammen. Dies erklärte der italienische Philosoph Giambattista Vico in seinem Buch "La Scienza nuova" (Neue Wissenschaft) von 1744, insbesondere in der Degnità 14 XIV (1744, in Kapitel II Degli Elementi):
 

„Die Natur der Dinge ist nichts anderes als ihre Entstehung zu bestimmten Zeiten und auf bestimmte Weise; immer dann, wenn diese so sind, entstehen die Dinge daraus so und nicht anders.“ (dt. Übersetzung von Vittorio Hösle und Christoph Jermann, Hamburg 1990, S.94)
 

Darin legte der neapolitanische Denker die Grundlage für die als Historismus definierte philosophische Vision.

Von diesem Standpunkt aus kann man den Beginn der Philosophie im Griechenland der VII-VI v. Chr. bestimmen, als einige Menschen nach dem Urprinziep der Welt (archè, ἀρχή) suchten. Es gibt nur noch wenige Fragmente ihrer Philosophien, aber sie sind sehr bedeutsam. Sie stammen aus inzwischen verschollenen schriftlichen Werken, die alle den Titel "Über die Natur" trugen (περὶ φύσεως, perì phýseōs). Das lässt uns verstehen, was der Gegenstand ihrer Überlegungen war, nämlich die Außenwelt, oder zumindest als solche betrachtet, von Naturereignissen. Von solchen Ereignissen suchten diese Philosophen-Pioniere nach der ersten Ursache, jenem Prinzip des Allgemeinen Seins, das jedes einzelne Phänomen erklären könnte. 

Daraus ergeben sich zwei Schlussfolgerungen:

A. Zunächst einmal, daß diese Denker mit ihren Gedanken einen sehr wichtigen logischen Schritt gemacht hatten: Sie waren von der Untersuchung der einzelnen Phänomene, die wir heute in den spezialisierten Einzelwissenschaften identifizieren konnten, zur Forschung darüber übergegangen, was ein universelles Prinzip des Seins sein könnte, das diesen Phänomenen gemeinsam ist und sie dann alle erklären könne.

B. Die zweite Sache, die uns bei solchen Denkern auffällt und uns dazu bringt, sie als die ersten Philosophen zu identifizieren, und die Tatsache, dass sie eine religiöse oder mythologische Vision und damit eine Erklärung dieser Phänomene ablehnen, die nicht ausschließlich rational ist.Heute könnte man eine solche Haltung als die Suche nach einer Letztbegründung definieren, d.h. als eine Erklärung von Phänomenen, die wiederum nicht durch eine andere Theorie erklärt werden kann, sondern sich selbst erklärt. Es ist offensichtlich, dass mythologisch-religiöse Erklärungen keine endgültige Grundlage haben, sondern selbst einer weiteren Erklärung bedürfen.

 

2. Philosophie als "Liebe"

Ein sehr wichtiger Begriff, der bereits im Begriff enthalten ist, ist der der "Liebe" (φιλεῖν, phileîn). Philosophie ist nicht "Besitz von Wissen", sie ist also nicht das Ergebnis, sondern der Wunsch zu begreifen, was die Welt ist, in der wir leben. Es ist dieser Wunsch, diese Spannung zur Wahrheit, die im griechischen Begriff der Philosophie enthalten ist und zum Ausdruck kommt. Ein Philosoph ist nicht derjenige, der viel weiß, sondern derjenige, der das Wissen liebt, der danach strebt, der für das Wissen lebt. Dass man dann während des Prozesses der Wissensgewinnung auch Wissen erlangt, das ist offensichtlich, aber der Prozess selbst geht immer bis zum letzten Tag des Lebens weiter, es wird nie ein Punkt erreicht, an dem der Philosoph oder die Philosophin sagen kann: "Jetzt weiß ich alles".

Die Philosophie besteht also genau in diesem Prozess des Geistes, der niemals Ruhe findet, aber diese Unruhe ist nicht etwas Negatives, sondern Konstitutives, sie ist die Öffnung des Lebens und des Geistes gegeüber dem Geheimnis der Welt und des Lebens selbst. Es ist der Ausdruck des Staunens, wie Aristoteles schrieb, das der Mensch vor dem Sein fühlt.

 

3. Die ersten Philosophen

Die ersten Denker, die die Frage nach dem Prinzip stellten und die ersten Antworten formulierten, fanden diese vor allem in naturgegebenen Elementen, wie Wasser (Thales), Luft (Anaximenes), Feuer (Heraklit). Ein Denker namens Demokrit identifizierte dieses Prinzip sogar in Atomen, mehr als 2000 Jahre bevor die Wissenschaft dieses Konzept formulierte.

Das sind die Elemente, die wir auch heute noch als grundlegend für das Leben erkennen, die aber offensichtlich nicht alles erklären können. Sie sind in der Tat immer Elemente der Natur, also Teile und nicht das Ganze der Natur. Sie sind daher immer das Besondere, auch wenn ein sehr wichtiges Detail notwendig ist, aber nicht das Universelle.

Andere Philosophen dieser frühen Phase schlugen andere Urprinzipien der Welt vor, die nicht materieller Art, sondern eh geistiger bzw. ideeller, immaterieller Art sind.

Anaxagoras zum Beispiel wies im Nous (Intellekt, Verstand nicht als menschlicher Intellekt gedacht, sondern universell) auf das erste Prinzip aller Dinge hin. 

Anaximander glaubte stattdessen, dieses Prinzip sei das Unendliche (àpeiron, τὸ ἄπειρον), weil nur dieses dem Endlichen, das die logische Dimension aller Naturphänomene ist,gegenübergestellt werden kann.

Parmenides hingegen glaubte, dass das Sein die einzige sich selbst erklärende Wahrheit ist, weil wir das Nichts gar nicht denken können und immer gezwungen sind, etwas zu denken, was ist. 

Schließlich identifizierte Heraklit neben dem Feuer als materielles Prinzip auch ein geistiges Prinzip der Welt, und zwar den Logos, die universelle Vernunft, der alle natürlichen und materiellen Erscheinungen, die durch das Feuer verursacht werden, in Ordnung bringt.

 

4. Sokrates und die Suche nach der Wahrheit im Menschen

Diese erste Phase der griechischen Philosophie und der Geschichte der Philosophie im Allgemeinen, die etwa vom 6. bis zum 4. Jahrhundert v. Chr. reicht, wird, wie wir gesagt haben, als vorsokratisch bezeichnet. Dieser Prozess wird durch das Denken des Sokrates unterbrochen, der als Gegenstand der Philosophie nicht mehr die Natur, sondern den Menschen selbst als Quelle aller Wahrheit ansieht.

 

5. Hauptquellen zur Erforschung der Entstehung der Philosophie

Für die Erforschung  dieser frühen griechischen Philosophen sind die folgenden Quellen grundlegend:

A. Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und Deutsch von Hermann Diels. Herausgegeben von Walther Kranz (mehrere Editionen vorhanden)

B. Diogenes Laertios: Von dem Leben und den Meinungen berühmter Philosophen. Aus dem Griechischen von August Borheck [Neugesetzte Ausgabe]. Marix, Wiesbaden 2008 (auch hier mehrere Editionen vorhanden)

C. Aristoteles, Metaphysik, Buch I (mehrere Editionen vorhanden)

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(Es wird fortgesetzt)

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