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1.1.3 DRITTES STADIUM: ENTSTEHUNG DER GRUNDFRAGE NACH DER ’AUFKLÄRUNG DES GEMEINEN MANNES̵’

1.1.3 DRITTES STADIUM: ENTSTEHUNG DER GRUNDFRAGE NACH DER ’AUFKLÄRUNG DES GEMEINEN MANNES̵’

 

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Marco de Angelis
(Autor des Textes dieser Seite)

 

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DRITTES STADIUM


Entstehung der Grundfrage nach einer

’Aufklärung des gemeinen Mannes’

(24. Februar 1786 - 7. Januar 1787)

Hauptquelle: Tagebuch, Aufsätze

Im Februar 1786 stellt sich Hegels allmählich herangebildetes moralisches Lebensideal auf folgende Weise dar: was seinen Inhalt anbelangt, spielt der Begriff der Glückseligkeit, als Hauptziel des Lebens des Menschen, zusammen mit dem Begriff der Geselligkeit, als dessen unentbehrliche Voraussetzung, die Hauptrolle; was die Form betrifft, spielt der Begriff der Aufklärung die Hauptrolle, da das moralische Lebensideal unbedingt die Vernünftigkeit zur Voraussetzung haben muss. Diese zwei Begriffe, die Glückseligkeit und die Aufklärung bzw. Vernünftigkeit, bilden deshalb die Grundstruktur für Hegels  entstehendes, moralisches Lebensideal.

Ein weiterer Schritt in Hegels Gedankenentwicklung ist hauptsächlich durch zwei Einträge belegt, die leider in einer sehr lückenhaften Form erhalten sind. Es handelt sich um den Eintrag vom 22. März 1786 und den Eintrag ohne Anfang und deshalb auch ohne Datum, der sich in GW 1 auf S. 30 von 30,1 bis 30,19 befindet.[1] Der erste Eintrag ist abgebrochen, und wir haben von ihm nur den Anfang;[2] von dem zweiten Eintrag fehlen uns Anfang und Ende,[3] und wir haben deshalb nur eine Textpartie.

Was den Inhalt anbelangt, betreffen diese zwei Einträge verschiedene Begriffe, und zwar  betrifft der erste den Begriff der Glückseligkeit und der zweite den Begriff der Aufklärung. Was die Zeit der Abfassung der Textpartie angeht, lässt sich folgendes vermuten: da sich Hegel gegen Ende des Eintrags über die Gelehrsamkeit der Ägypter äußert (GW 1, S. 30,13-19) und er am 23.Dezember 1786 genau über dieses Thema ein Exzerpt niedergeschrieben hat,[4] scheint die Textpartie im Anschluss an dieses Exzerpt, also in der Zeit um den bzw. nach dem 23.12.1786 bis Anfang 1787, als Hegel mit dem Niederschreiben seiner Gedanken in diesem ersten Tagebuch aufhörte, geschrieben worden zu sein.[5] Somit würde diese Textpartie die Begrenzung zwischen dem zweiten und dem dritten Stadium dieser ersten Phase der Jugendentwicklung Hegels bilden, da Hegel sich in der Zeit von März  bis Oktober 1786 noch hauptsächlich mit dem Begriff der Glückseligkeit beschäftigte, wie mehrere Exzerpte aus diesen Monaten bezeugen,[6] während er ab Ende des Jahres 1786 seine Überlegungen über die Aufklärung und diesbezügliche Exzerpte in Angriff nahm (s. darüber die nächste Phase seiner Entwicklung). Von diesem inhaltlichen Standpunkt aus gehört also die Textpartie völlig berechtigt zum dritten Stadium dieser ersten Phase, während der Eintrag über den Begriff der Glückseligkeit und die diesbezüglichen Exzerpte eigentlich noch zum zweiten Stadium dieser Phase gehören.

Was die Form betrifft, zeigen beide Einträge eine deutliche Ähnlichkeit, da beide eine Begriffsdefinition enthalten.[7] Auf Grund dieser Ähnlichkeit und der Tatsache, dass die zwei Einträge wegen der fehlenden Zwischenblätter unmittelbar nacheinander überliefert worden sind, wird hier der Eintrag vom 22. März innerhalb des dritten Stadiums und in enger Beziehung zur Textpartie ohne Datum dargestellt, wenngleich es uns scheint, dass er zusammen mit den anderen, aus diesen Monaten stammenden Exzerpten über den Begriff der Glückseligkeit noch zum zweiten Stadium gehört. Das wird aber keine schwerwiegenden Folgen für die Richtigkeit der Rekonstruktion der gesamten Entwicklung dieser Phase haben, da die Schilderung der Reihenfolge in der gedanklichen Entwicklung Hegels dadurch nicht beeinträchtigt wird.

Im ersten Teil des Eintrags vom 22. März 1786 denkt Hegel über den Begriff der Glückseligkeit nach. Dazu schreibt er:

"Alle Menschen haben die Absicht, sich glücklich zu machen". (GW 1, S. 29,23)

Er wiederholt hiermit seinen Gedanken, dass  die Glückseligkeit Hauptziel des menschlichen Lebens sei, wie er schon in dem Eintrag vom 24.02.1786 festgestellt hatte. Als er dann mit der Festsetzung des Begriffes  der Glückseligkeit beginnt, was  sie also eigentlich sei, bricht der Text ab ("Doch zuerst muss ich den Begriff von Glückseeligkeit festsezen, ich verstehe nämlich darunter einen..."). (GW 1, S. 29,27-28).

Die Textpartie ohne Datum beginnt mit der Darstellung des Begriffes der Aufklärung:

"...hier zu Papier bringe, muss ich vorher vorausschiken, was ich unter Aufklärung verstehe". (GW 1, S. 30,1-2).

In den nächsten Zeilen, die wir besitzen, stellt Hegel seinen Begriff der Aufklärung dar. Er unterteilt die Aufklärung in ‚Aufklärung durch Wissenschaften und Künste’ und ‚Aufklärung des gemeinen Mannes’ (GW 1, S. 30, 2-19).  Die Aufklärung durch Wissenschaften und Künste bezieht sich ausschließlich auf den Stand der Gelehrten,[8] während  die Aufklärung des ‚gemeinen Mannes’[9] das ganze Volk betrifft. "Einen Entwurf von einer Aufklärung des gemeinen Mannes zu machen" (GW 1, S. 30,4-5), hielt Hegel für eine äußerst schwere Aufgabe, sogar für gelehrte Leute GW 1, S.30,3-5). Für ihn selbst war sie "noch viel schwerer", da er "die Geschichte noch nicht philosophisch und gründlich" studiert hatte (GW 1, S. 30,6-7). Er wollte deshalb hier nur die  Aufklärung durch die Wissenschaften und Künste behandeln.[10]

Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass auch hier einige Gedanken enthalten sind, die unwichtig zu sein scheinen, aber auf beeindruckende Weise mit Hegels späterer Auffassung übereinstimmen. Zuerst, in Bezug auf die ‚Aufklärung des gemeinen Mannes’, heißt es:

"Sonst glaub ich auch, diese Aufklärung des gemeinen Mannes habe sich immer nach der Religion seiner Zeit gerichtet." (GW 1, S. 30,7-8).

Dieser Satz erinnert an die Philosophie der Geschichte, in der z.B. folgendes  zu lesen ist:

"Die Religion ist der Ort, wo ein Volk sich die Definition dessen gibt, was es für das Wahre hält." (SA, Bd.12, S. 134).

Daraus geht deutlich hervor, dass auch für den reifen Hegel die Aufklärung des Volkes, also des ‚gemeinen Mannes’, durch  die Religion erfolgt.[11]

In Bezug auf die Aufklärung durch die Wissenschaften und die Künste schrieb der damalige Schüler:

"In Ansehung dieser bin ich also der Meinung sie haben zuerst im Orient und Süden geblüht und seyen dann von da aus immer mehr nach Westen gewandert“. (GW 1, S. 30, 11-13).

Auch in diesem Fall kommt sofort eine Stelle aus Hegels Philosophie der Geschichte in Erinnerung, die wie eine Zusammenfassung von Hegels Auffassung der Geschichte klingt:

Die Weltgeschichte geht von Osten nach Westen, denn Europa ist schlechthin das Ende der Weltgeschichte, Asien der Anfang.“

(SA, Bd.12, S. 134).

Wenn man  die beeindruckende Übereinstimmung dieser Gedanken des jungen mit denen des reifen Hegel zu den anderen, bereits belegten Gedanken hinzunimmt, kommt die Kontinuität der geistigen Entwicklung Hegels sehr deutlich hervor, und man ist verlockt und wahrscheinlich auch berechtigt zu sagen, dass diese Entwicklung nicht darin bestand, neue Wahrheiten zu erfinden, sondern eher darin, die Grundgedanken seiner Jugend zu entfalten und die hier enthaltenen Wahrheiten ausführlicher und ‘wissenschaftlich’ (nach dem späteren Begriff von der ‘Wissenschaft der Logik’, also ‘dialektisch’ zu begründen).[12]

Es ist sehr wichtig zu verstehen, wie Hegel zu dem Gedanken kam, einen „Entwurf der Aufklärung des gemeinen Mannes zu machen“. Es ist wahrscheinlich, dass in dem fehlenden Teil des Eintrags davon die Rede war. Nach dem Abbruch fängt der Eintrag mit den Worten: „...hier zu Papier bringe, muss ich vorher vorausschiken, was ich unter Aufklärung verstehe“ wieder an (GW 1, S. 30,1-2).

Was wollte Hegel „zu Papier bringen“? Es muss sich um etwas handeln, das dem Begriff und wahrscheinlich auch dem Wortlaut nach das Wort ‘Aufklärung’ enthält, sonst würde Hegel hier nicht schreiben, dass er vorher vorausschicken müsse, was er unter Aufklärung verstehe. Es wird sich also wohl um irgendeine Form der Aufklärung handeln, die Hegel „zu Papier bringen“ wollte.

Zusammenfassend lässt es sich feststellen: Es fehlen uns also einerseits die Festsetzung des Begriffes  Glückseligkeit’ in dem fehlenden Teil des Eintrags vom 22. März 1786, was aus dem letzten Satz vor dem Abbrechen („Doch zuerst muss ich den Begriff von Glückseligkeit festsezen...“) zu entnehmen ist, und andererseits die Darstellung des Begriffs von irgendeiner Form von Aufklärung im ersten Teil der Textpartie ohne Datum, wie aus dem Wiederanfang des Textes nach dem Abbruch zu schließen ist.[13]

Auf Grund  der bisher durchgeführten Rekonstruktion der Entwicklung, die Hegels  moralisches Interesse betrifft, ist es trotzdem möglich, sich ein Bild davon zu machen, um welchen Gegenstand das Denken Hegels kreiste zwischen dem ersten, den Begriff der Glückseligkeit behandelnden Eintrag vom 22. März 1786 und der zweiten, den Begriff der Aufklärung behandelnden Textpartie ohne Datum (die wahrscheinlich um den Dezember 1786 entstand), und zu versuchen, die Lücke in der Überlieferung der Manuskripte durch die logische Reihenfolge der Gedanken auszufüllen.

In der Zeit von März bis Dezember 1786 scheint Hegel vorwiegend damit befasst gewesen zu sein, sein moralisches Lebensideal zu definieren, und zwar durch den Begriff der Aufklärung als seiner vernünftigen Form und den Begriff der Glückseligkeit als seines inhaltlichen Zieles. Aus der Textpartie ohne Datum geht hervor, dass er das Bedürfnis hatte, „einen Entwurf einer Aufklärung des gemeinen Mannes zu machen“, sonst wäre er gar nicht zu der Erkenntnis gekommen, dass er dazu mangels eines gründlichen und philosophischen Studiums der Geschichte noch nicht genügend vorbereitet war.[14]Einen Entwurf einer Aufklärung des gemeinen Mannes zu machen“, konnte für den jungen Hegel nur bedeuten, die Forderung nach Aufklärung auch für den gemeinen Mann, also für das Volk, geltend zu machen, und die Aufklärung folglich mit dem Hauptziel des Lebens des ‘gemeinen Mannes’, d.h. also mit der Glückseligkeit in Verbindung zu bringen. Hegel verzichtete aber darauf, nicht weil er das nicht wollte oder für nicht bedeutend hielt, sondern weil er sich dazu noch nicht in ausreichender Weise vorbereitet wusste. Da er  die Geschichte noch nicht gründlich und philosophisch studiert hatte, beschloss er also, seine Untersuchungen über die Verbindung zwischen Aufklärung und Glückseligkeit zuerst auf dem Gebiet der Gelehrten zu führen, d.h. die Aufklärung als ‘Aufklärung durch die Wissenschaften und die Künste’ in Verbindung zu dem Begriff der Glückseligkeit zu setzen.

Hegel begann also nicht sofort mit dem Entwurf von einer ‘Aufklärung des gemeinen Mannes’, weil er vorher die Geschichte gründlich und philosophisch studieren wollte. Sein letztes Ziel war aber, einen solchen Entwurf zu machen.[15]

Man kann  also sagen, dass die Entstehung der Frage nach einer ‘Aufklärung des gemeinen Mannes’ sehr wahrscheinlich den Hauptinhalt der Textpartie ohne Datum bildete. Das Problem bestand hauptsächlich in der Verbindung des Begriffs der Glückseligkeit mit dem der Aufklärung, wie Hegel sie in den entsprechenden Einträgen definiert hatte. In dieser Verbindung wurden von ihm die zwei Voraussetzungen seines in dieser Zeit entstehenden moralischen Ideals vereinigt: die Glückseligkeit als Hauptziel und Inhalt des menschlichen Lebens, die in sich die Geselligkeit einschließt, und die Aufklärung als die Form des menschlichen Verhaltens, die zu jenem Ziel führen soll und die für sich allein, ohne diesen Inhalt, leer wäre. Hierin sind also die Hauptgedanken dieser ersten Phase der Geistesentwicklung Hegels, die Forderung nach Vernünftigkeit des moralischen Verhaltens und nach Glückseligkeit des menschlichen Lebens, zusammengefasst.

Die Stellung der Frage nach einer ‘Aufklärung des gemeinen Mannes’ kann man deshalb als logischen Schluss dieser Phase betrachten. Wenngleich sie von Hegel nicht sofort gelöst wurde, bildete sie doch den Hintergrund seiner weiteren Gedankenentwicklung. Diese ging über den notwendigen Umweg der Untersuchung der ‘Aufklärung durch die Wissenschaften und die Künste’ weiter.


[1] GW 1, S. 29

[2] GW 1, S. 450.  Über das Abbrechen schreiben die Her­ausgeber des Ban­des: „In­ner­halb des ersten der drei am Schluß lie­genden Doppelblätter hat der Text eine Lücke (vgl.29,28): in der Mitte dieses Doppel­blattes fehlt we­nig­stens ein eingelegtes Blatt, vielleicht auch eine größere Zahl von Blättern.“

[3] Über die Lücke am Ende des Textes wird fol­gendes von den Herausgeb­ern be­rich­tet: „Die letzte Seite dieses dritt­letzten Doppelblat­tes ist ganz vollge­schrieben. Da hier der ent­wickelte Gedankengang of­fenbar noch nicht zu Ende ist (vgl. 30,19), aber auf dem folgen­den Doppelblatt die Ein­tra­gung mit Datum den 1 Jan. 1787 ganz neu an­setzt, ist möglicherweise an dieser Stelle noch weiterer Text verlo­ren­gegangen.“ (GW 1, S. 450).

[4] Siehe das Exzerpt Agypten. Von der Gelehrsamkeit der Agyp­ter in GW 3, S. 113 ff.

[5] Vgl. GW 1, S. 453-454.

[6] Siehe insbesondere folgende Exzerpte:

- 17/22.06.1786: Wahre Glückseligkeit;

- 10.10.1786: Seele (aus Campes Seelenleh­re);

- 16.10.1786: Weg zum Glück in dem großen Welt.

Vgl. Hoffmeister, Dok.,  Fußnote 2, S. 100 in Bezug auf das letzte Exzerpt: „Die Stelle fin­det sich in dem Werke von Zimmer­mann S. 30 und ist wörtlich abge­schrieben. Da diese Stel­le im Oktober abgeschrieben ist und auf demselben Papier steht, wo die Ex­zerpte über die Glückseligkeit vom Juni sich befinden, so kann man daraus sehen, daá Hegels Gemt mit all­gemeinen wichtigen Problemen sich systematisch beschäftigte.“

[7] In dem editorischen Bericht im Band 1 der Gesammelten Werke wird über die zwei Texte bemerkt (S. 453-454): „Auch fällt eine formale Ähnlichkeit zwischen der abbrechenden Notiz vom 22. März 1786 und der bruchstückhaften Textpartie ohne Datum auf: vgl. die Definitions-Ansätze 29,27-28 und 30,1-2.“ Es handelt sich um die Definitionen der Begriffe Glückseligkeit und Aufklärung.

[8] GW 1, S. 30,2-3: „Ich rede nämlich also hier nur von der Auf­klärung durch Wis­sen­schaften und Künste. Sie schränkt [sich] also bloß auf den Stand der Gelehrten ein.“

[9] In dieser Studie werde ich diesen Ausdruck in dieser, Hegels Ausdrucks­weise treue­ren Form und nicht in der für die heu­tigen Verhältnisse vielleicht rich­tigeren Form ‚einfa­cher Mensch‘ benut­zen.

[10] GW 1, S. 30,10-11: „Ich spreche hier al­so meiner Absicht [gemäß] bloß von den Wis­senschaften und Künsten.“

[11] Zur Problematik bezüglich der Aufklärung des Volkes durch die Religion bzw. die Philosophie s. S. 276 ff. von Einfluß.

[12] Die allmähliche, bis zum System hinreichende  Entfaltung dieser Begriffe, die schon in Stuttgart das ‚Netz‘ bildeten, womit Hegel das geistige Leben des Menschen zu verstehen versuchte, kann man durch das methodologische Prinzip der ‚Differenzierung‘, das in der Einleitung dargestellt worden ist, treffend interpretieren.

[13] Außerdem fehlt noch weiterer Text am Ende der Textpartie ohne Datum ab 30,19 (s. den editorischen Bericht in GW 1, S. 452). Es ist aber völlig unmöglich zu verstehen, wovon die Rede in diesem Text war, weil jeglicher Anhaltspunkt dazu fehlt.

[14] Es ist das große Verdienst von Schmidt-Japing (1924, S. 3-4), dass er als erster die Zentralstellung der Frage von einer ‚Aufklärung des gemeinen Mannes‘ innerhalb der Jugendentwicklung Hegel verstanden hat. Er hat zwar nicht rekonstruiert, wie sich diese Frage im Geiste des jungen Hegels allmählich herangebildet hat, hat aber die Verbindung zwischen dieser Frage und dem ca. fünf Jahre später entstandenen Ideal einer neuen Religion mit großer Schärfe gesehen. Hiermit hat er auch  einen entscheidenden Beweis für die Kontinuität innerhalb der Gedankenentwicklung Hegels zur Verfügung gestellt. In dieser Interpretation folgen Schmidt-Japing die Arbeiten von G.E.Müller (1959, S. 26) und Hans Küng (1970, S. 49), während Rebstock (1971, S. 211, Fußnote 40) Stellung dagegen bezieht.

[15] Es gab außerdem  noch einen Grund, der Hegel daran hinderte, sofort einen Entwurf von einer Aufklärung des gemeinen Mannes zu machen: seinen Mangel an Menschenkenntnis. Wenngleich er sich darüber auf der Seite vom 22.03.1786 nicht ausdrückt, können wir durch die Lektüre der anderen Seiten des Tagebuchs, die in diesem Zeitraum geschrieben wurden, zu dem Schluss kommen, dass er sich für sich selbst eine tiefere Menschenkenntnis wünschte. Nicht umsonst betrafen viele von seinen Lektüren direkt oder indirekt ein solches Thema. Angesichts seines jugendlichen Alters und seiner damaligen Erziehung, die ihm durch ihre Abgeschlossenheit die Möglichkeit nahm, vielfältige Erfahrungen zu machen, ist sein Mangel an Menschenkenntnis eigentlich selbstverständlich.

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Lektion 12

1.3 DRITTES STADIUM: Die Entstehung der Grundfrage nach einer 'Aufklärung des einfachen Menschen' (24. Februar1786 - 7.Januar 1787)

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