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Chronologisches Schema der Denkentwicklung Hegels
bis zur Entstehung des Systems 1805-06
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ORT |
ZEIT |
TÄTIGKEIT |
TEXTE |
GEDANKEN-ENTWICKLUNG |
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Stuttgart |
1785-88 |
Schüler des Gymnasiums |
Tagebuch, Schulaufsätze, Exzerpte |
Hegel erarbeitet das Ideal einer ‚Aufklärung des gemeinen Mannes‘ zur Förderung der Geselligkeit und der Glückseligkeit |
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Tübingen |
1788-1793 |
Theologiestudent des evangelischen Stifts |
Stammbuchwidmungen und weitere Berichte, aber leider viel ist verlorengegangen aus den ‚dunklen Jahren‘ 1789-92 (Einfluss von Rousseau aber belegbar)
Texte 12-16 von GW1 (1792-93)
Predigten
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Hegel versteht, dass die Aufklärung des Volkes nur über eine Volksreligion als Vernunftreligion (Kant) erfolgen kann, der in den Menschen einen Hang zum Guten subjektiv befördert. |
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Tschugg bei Bern |
1793-1794 |
Hauslehrer |
Texte 25-26 von GW1
Zitate: |
Hegel entscheidet, die neue Volks- und Vernunftreligion selbst zu gründen. |
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Tschugg bei Bern |
1795 |
Hauslehrer |
Das Leben Jesu (GW1)
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Hegel findet in der ursprünglichen Lehre Jesu von der Menschenliebe die ethische Grundlage der neuen Religion, die er stiften möchte. |
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Tschugg bei Bern |
1796-97 |
Hauslehrer |
Texte über die Positivität und das Schicksal der christlichen Religion (GW2) |
Hegel rechnet mit dem Christentum ab: Diese Religion ist eine ‚positive‘ Religion, die auf Dogmen auf Grund ihres Ursprungs gegründet ist, und deshalb nicht in der Lage ist, eine Volks- und Vernunftreligion für die aufgeklärte Zeiten zu sein. Das ist ihr Schicksal. |
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Frankfurt am Main |
1797-99 |
Hauslehrer |
Texte über die Liebe in GW2
Zitate: |
Hegel denke über den Begriff der Liebe nach und holt aus ihm seine logische Grundstruktur heraus: es entsteht seine Dialektik. |
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Frankfurt am Main |
1800 |
Hauslehrer |
Systemfragment (beendet am14.9.1800)
GW2, Text 63 Zitate:
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Hegels erster systematischer Versuch: „Das ungeteilte Leben“ bzw. „das unendliche Leben“ ist der Hauptbegriff. Dieses enthält in sich "das geteilte bzw. endliche Leben, das sich auf das unendliche Leben in der Religion erhebt. Aus diesem Grund soll die Philosophie mit der Religion enden. |
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Jena |
1801-1802 |
Philosophiedozent |
Differenzschrift, Glauben und Wissen GW3, Hegels Jenaer kritische Schriften |
Hegel nimmt öffentlich Position für Schellings monistische Philosophie der Identität gegen Kants und vor allem Fichtes Dualismus. |
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Jena |
1802-1803 |
Philosophiedozent |
Über die verschiedenen Behandlungsarten des Naturrechts (1802) in GW3
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Hegels erster Versuch, seine Theorie der Ethik und Sittlichkeit systematisch darzustellen Hauptprinzip: das Handeln des Individuums soll das Handels des Allgemeinen sein (das Volk).
Hegel bleibt bei der Frage stehen, welche absolute (sprich: wissenschaftliche) Religion die absolute (wissenschaftliche) Ethik bzw. Sittlichkeit begründen kann. |
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Jena |
1803-1804 |
Philosophiedozent |
Natur- und Geistesphilosophie (ohne abschließendes Kapitel über den absoluten Geist) |
Hegel arbeitet an der Konstruktion des Systems und verbindet die Philosophie der Natur mit der Philosophie des Geistes, die ich sich die Theorie der Ethik-Sittlichkeit enthält. |
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Jena |
1804-1805 |
Philosophiedozent |
Logik-Metaphysik und Naturphilosophie |
Hegel arbeitet weiter an der Konstruktion des Systems und erarbeitet die Logik-Metaphysik (Theorie des Absoluten) als ‚immanente Konstruktion der Begriffe nacheinander‘. Er verbindet diese mit der Philosophie der Natur. |
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Jena |
1805? |
Philosophiedozent |
Text „Fortsetzung des Systems der Sittlichkeit“ überliefert von Karl Rosenkranz (GW5 unter dem irreführenden Titel „Über Naturrecht“)
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Hegel versteht, dass die absolute Religion, die die absolute Ethik-Sittlichkeit begründen kann, die Philosophie ist, und zwar in der wissenschaftlichen Form, die er ihr durch die Logik-Metaphysik gerade gegeben hat. |
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Jena |
1805-1806 |
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Natur- und Geistesphilosophie (diesmal aber endlich mit dem abschließenden Kapitel über den absoluten Geist) |
Hegel erarbeitet den Begriff des absoluten Geistes und kann sowohl die Philosophie des Geistes als auch das ganze System abschließen. Hiermit ist Hegels Denkentwicklung abgeschlossen und der Philosoph kann der Welt ankündigen, dass sich das Absolute in seiner eigenen logischen Form nach 2500 Jahre Geschichte der Philosophie als ’absolutes Wissen’ den Menschen endlich offenbart hat. Diese Ankündigung wird die Hauptaufgabe der Phänomenologie des Geistes (1807) sein, die somit Hegels Entwicklung definitiv abschließt. |
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Damit ist 1806 Hegels Gedankenentwicklung beendet. Er wird nun der Welt ankündigen, dass das Absolute im ‚absoluten Wissen‘ endlich erfasst worden ist (Aufgabe der Phänomenologie des Geistes, 1807). Danach wird er die Hauptteile des Systems analytisch (Wissenschaft der Logik 1812-16; Rechtsphilosophie (1820) und synthetisch (Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften 1817, 1827, 1830) veröffentlichen. Leider wurden für ihn die Zeiten wegen der Zensur immer schwieriger, vor allem ab 1819 wegen der Karlsbader Beschlüsse, und er musste immer mehr die Gemeinsamkeiten zwischen seinem System und der christlichen Theologie sowie der Monarchie betonen, dagegen über die gravierenden Unterschiede schweigen. Er gab somit die Seite frei für die Kritik von Marx, die sich aber angesichts der entwicklungsgeschichtlichen Rekonstruktion als komplett falsch erweist (Marx konnte aber die meisten von diesen Texten Hegels bis 1806 nicht kennen!). Hegel hat mit seinem System eine neue Religion als Vernunftreligion für die gesamte Menschheit gegründet und nicht die christliche Religion philosophisch unterstützt. Die Religion ist kein Opium des Volkes, sondern die absolut notwendige Tätigkeit, bei der das Absolute im Menschen von sich bewusst wird. Die Philosophie als Volks- und Vernunftreligion ist die größte Revolution der Geschichte, die man sich erdenken kann. Sie soll die Religion ‚aufheben‘ und ihre Aufgabe weltweit übernehmen. Sie stellt nicht eine Klasse gegen eine andere, ein Teil der Menschheit gegen den anderen Teil, sie befördert keinen Klassenkampf und keinen Krieg, sondern arbeitet für die Vereinigung der Menschheit, die wir heute (eigentlich seit über 100 Jahre…) bitternötig haben, wie das aktuelle politische Geschehen weltweit eindeutig zeigt. Kant und die Tübinger Studenten hatten diese Problematik vor mehr als 200 Jahre schon verstanden und uns die Lösung durch ihre unermüdliche, systematische Arbeit zur Verfügung gestellt.
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